Zwischen Polizei und Aktivist:innen vermitteln
Es ist kaum möglich, bei einem Spaziergang durch die letzten Reste des Fechenheimer Waldes nicht traurig zu werden. Die Polizei hat das Camp der Aktivist:innen geräumt, es gab keine schweren Auseinandersetzungen zwischen Demonstrant:innen und Polizist:innen. Die Gewalt an der Natur wurde in den letzten Januartagen fortgesetzt, damit die Autobahn 66 ein neues Teilstück bekommen kann. Das 230 Meter lange und 70 bis 140 Meter breite Waldstück im Frankfurter Osten soll für das fehlende, gut zwei Kilometer lange Verbindungsstück zwischen der A66 und A661 gefällt werden.
Trotzdem sieht der Vorstand des Evangelischen Stadtdekanats Frankfurt und Offenbach den Einsatz der Kirche im „Fecher“ als Erfolg. Rund 20 Ehrenamtliche hatten sich als Beobachterinnen und Beobachter betätigt, sie hatten sich zuvor schriftlich zu Neutralität und Allparteilichkeit bereiterklärt, um zwischen Demonstrant:innen und Polizeit zu vermitteln. Gunter Volz, Pfarrer für Gesellschaftliche Verantwortung, beschrieb die Anforderung an die Beobachterinnen und Beobachter: „Uns war es sehr wichtig, einen neutralen Standpunkt zu wahren und im Sinn der Allparteilichkeit beide Seiten im Blick zu haben. Dadurch hatte unsere Mission eine hohe Akzeptanz bei Polizei wie Bürgerinitiativen.“ Daneben waren auch Politiker:innen vor Ort. Die kirchlichen Beobachter:innen berichteten von einer insgesamt ruhigen und besonnenen Atmosphäre während der Räumung, sowohl aufseiten der Baumbesetzer:innen wie seitens der Polizei. Stadtdekan Achim Knecht resümiert: „Ich bin froh, dass der Konflikt weitgehend ohne gewaltsame Auseinandersetzungen gelöst wurde.“
Vor Ort war auch Matthias Weber, Pfarrer im Riederwald. „Allein unsere Anwesenheit hat dafür gesorgt, dass es friedlich geblieben ist“, sagt er. „Was festgenommene Aktivist:innen im Polizeigewahrsam erlebt haben, wissen wir allerdings nicht.“ Die Bewahrung der Schöpfung sei ein urchristliches Thema.
Aber wie radikal darf Klimaschutz werden, und wie sollen sich die Kirchen etwa zu Aktionen der „Letzten Generation“ verhalten, den meist jungen Menschen, die sich unter anderem auf Autobahnen festkleben, um eine Verkehrswende zu fordern? Diese Fragen standen in der Evangelischen Akademie unter der Leitung von Hanna Lena Neuser bei einer Podiumsdiskussion auf dem Programm. Mit dabei war Sabine Allmenröder. Sie hat bereits bei Straßenblockaden mitgewirkt, elf Tage lang im Herbst 2022, in ihrer Freizeit. „Die drohende Klimakatastrophe rechtfertigt Regelüberschreitungen", sagte die Ökotrophologin, Allmenröder ist Referentin für Gesellschaftliche Verantwortung im evangelischen Dekanat Bergstraße. Sie hat selbst den Kontakt zu Aktivist:innen der „Letzten Generation“ gesucht, wie sie berichtet, habe dabei aber „als Privatperson und nicht als Kirchenvertreterin“ gehandelt. „Bürger müssen von der Politik einfordern, das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten", begründete Allmenröder ihr Engagement. Dieser zivile Ungehorsam ist nach Allmenröders Worten gewaltfrei und angemessen angesichts der Bedrohung der Menschheit.