Wenn Betteln organisiert wird, ist das für Städte ein Problem
Das Geben von Almosen gehört schon immer zur christlichen Tradition, die Unterstützung der Armen ist gute Praxis auch im Judentum und im Islam. Menschen in Not gilt es zu unterstützen, ihnen soll man helfen, da sind sich alle Religionen einig.
In der Folge – sozusagen die Kehrseite der Medaille – fordern arme Menschen die „milden Geben“ auch selbst ein, sie betteln. Dies und selbst die Zurschaustellung von Elend müsse man ertragen, urteilte in den 1970er Jahren das Verfassungsgericht. Der Bettler, der stumm an der Ecke sitzt, dürfe nicht vertrieben werden.
Der schweizerische Reformator Johannes Calvin hingegen setzte erstaunlicherweise schon vor 500 Jahren in Genf ein striktes Verbot des Bettelns durch. Jeder müsse von seiner Arbeit leben können, meinte Calvin. Und wenn das nicht gegeben sei, müsse er Zuwendungen bekommen. Deshalb wird in jedem Gottesdienst mit dem Klingelbeutel für diakonische Aufgaben gesammelt. Gottesdienst feiern und an die Armen denken gehören also untrennbar zusammen.
Doch spätestens seit Brechts Dreigroschenoper ist bekannt, dass Betteln eben auch organisiert wird. „Manche müssen das Geld, dass sie erbetteln, abgeben“, sagt Bettina Bonett, Straßensozialarbeiterin bei der Obdachlosenhilfe „Weser 5“. „Neulich habe ich beobachtet, wie ein Typ zwei Frauen richtig verfolgt hat, damit sie ihm das Geld geben“, erzählt sie.
„Zahlen über das Ausmaß des organisierten Bettelns gibt es nicht, nur subjektive Empfindungen“, sagt Ralph Rohrer vom Frankfurter Ordnungsamt. Doch immer mehr Zeitungen haben in letzter Zeit über das Phänomen berichtet: Die Banden seien straff organisiert, holten Menschen aus osteuropäischen Staaten mit falschen Versprechungen in den Westen, die dann in den Fußgängerzonen systematisch zum Betteln eingesetzt würden. Der Gewinn sei beträchtlich. Es wird geschätzt, dass jeder Bettler, jede Bettlerin 100 Euro am Tag einbringen muss. Die Banden operierten europaweit.
„Geben Sie nur dem Bettler ihres Vertrauens etwas“, rät Rohrer. Der Mann vom Ordnungsamt meint jene, die schon seit Jahren am selben Platz sitzen, die sozusagen persönlich bekannt sind. Oder man verweist an das Diakoniezentrum „Weser 5“. Für 1,50 Euro bekommt man dort ein Mittagessen. Bettina Bonett verteilt statt Geld manchmal Essensgutscheine.