Politik & Welt

Vergessene Krisen: Wir müssen allen helfen

Pandemie, Ukraine-Krieg, Energiekrise: die Probleme nehmen kein Ende. Doch wir dürfen das Leid, das anderswo auf der Welt herrscht, deshalb nicht aus dem Blick verlieren: Für sein sozialethisches Engagement, insbesondere für die Seenotrettung von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer, wird der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland mit der Albert-Schweitzer-Medaille ausgezeichnet.

Heinrich Bedford-Strohm im September 2021 in Palermo, wo er das Seenotrettungsschif Sea-Watch 4 besuchte. | Foto: Francesco Bellina/Cesura, EKD
Heinrich Bedford-Strohm im September 2021 in Palermo, wo er das Seenotrettungsschif Sea-Watch 4 besuchte. | Foto: Francesco Bellina/Cesura, EKD

Wie weit werden die Gaspreise denn noch steigen? Gibt es im Herbst eine neue Corona-Welle? Erwartet uns künftig jeden Sommer eine Dürre? Die Nachrichtenlage hält derzeit wenige frohe Botschaften bereit. Im Fokus stehen solche Themen, die uns hier in Deutschland zu Recht beschäftigen und besorgen. Dabei rutscht uns das Leid vieler Menschen, die abseits der großen Aufmerksamkeit von Medien und Internet Tragödien erleben, leider manchmal vom Radar.

Das Gefühl, dass ohnehin schon alles zu viel ist und wir mit der Empathie kaum hinterherkommen, ist menschlich und nachvollziehbar. Aber wir müssen hinsehen und helfen.

Nach wie vor sind im globalen Süden viele Millionen Menschen auf der Flucht, und ihre Zahl steigt an. In Pakistan steht ein Drittel des Landes unter Wasser. Durch die globalen Folgen des Ukraine-Kriegs wächst die Not in vielen Ländern. Am Horn von Afrika droht eine Hungerkatastrophe durch die schlimmste Dürre seit 40 Jahren. Und auch der Syrien-Konflikt brodelt weiter.

Laut dem Flüchtlingshilfswerk UNHCR haben allein zwischen Januar und August diesen Jahres 938 Menschen auf der Flucht die Überfahrt übers Mittelmeer nicht überlebt oder werden vermisst. In den Flüchtlingslagern in Griechenland hat sich die humanitäre Situation seit Corona noch weiter verschlechtert.

Das alles ist schwer auszuhalten. „Die Gefahr ist groß, dass wir beispielsweise die tödlichen Fluchtrouten im Mittelmeer nicht mehr so wahrnehmen“, sagt der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Er wurde „für sein großes Engagement für Menschlichkeit, Frieden und Gerechtigkeit“ im September in Frankfurt mit der Albert-Schweitzer-Medaille ausgezeichnet. Eine gute Entscheidung, die den Blick öffnet für Menschen, die gerade nicht im Fokus stehen. Denn Bedford-Strohm erhält die Auszeichnung vor allem, weil er sich als Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland für die zivile Seenotrettung engagiert hat. Er war maßgeblich an der Gründung des Aktionsbündnisses United4Rescue beteiligt, das auf Spendenbasis Rettungsschiffe für das Mittelmeer angeschafft hat.

Für dieses Engagement hat Bedford-Strohm auch viel Kritik einstecken müssen. Doch es ist ein Skandal, dass sich die europäischen Staaten aus der Seenotrettung Geflüchteter zurückgezogen haben. Umso elementarer ist an dieser Stelle der Einsatz der Kirchen. Darüber müssen wir unbedingt weiter sprechen. Das große Engagement der Zivilgesellschaft für die ukrainischen Flüchtlinge zeigt, dass es nach wie vor eine Willkommenskultur gibt. Unsere Hilfe muss jedoch allen Menschen gelten, die in Not ihre Heimat verlassen. Das ist ein urchristliches Anliegen.


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Anne Lemhöfer 145 Artikel

Anne Lemhöfer interessiert sich als Journalistin und Autorin vor allem für die Themen Kultur, Freizeit und Gesellschaft: www.annelemhoefer.de

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