Reli: Kein Schulfach wie alle anderen
Religionsunterricht ist anders: Die Klassen lösen sich dafür auf, man kann sich sogar abmelden. Als „besonderen Raum, in dem man der Frage nach dem Woher und Wohin“ nachgeht, beschreibt Jan Schäfer, Schulamtsdirektor der evangelischen Kirche in Offenbach, das Fach. Was im Leben trägt oder wie die Menschen friedlich zusammenleben können, das seien Fragen, die auch Kinder sich stellen. Natürlich kann der Religionsunterricht keine definitiven Antworten geben. Aber er ist ein Ort, um diese Fragen zu diskutieren. Es geht nicht in erster Linie um Wissensvermittlung, sondern um Dialog.
Religionsunterricht an öffentlichen Schulen ist im Grundgesetz und in der Hessischen Verfassung garantiert. Der Staat muss für die organisatorische Einbettung und die personelle Ausstattung sorgen, für Lehrpläne, Inhalte und fachliche Qualität der Lehrkräfte sind die Glaubensgemeinschaften selbst verantwortlich.
Gruppen, die nur aus evangelischen oder katholischen Kindern bestehen, gibt es heute kaum noch, sagt Schäfer. Sogar innerhalb der Konfessionen gibt es große Unterschiede – evangelische Tradition sieht in alteingesessen deutschen Familien unter Umständen völlig anders aus als in solchen, die erst vor kurzem aus Siebenbürgen eingewandert sind oder die aus Ländern mit pfingstkirchlicher Tradition kommen. Dass es besser wäre, wenn Kinder aus verschiedenen Religionen gemeinsam unterrichtet werden, darüber herrscht inzwischen Konsens. Das ist aber schwierig umzusetzen. In Hessen haben allein auf christlicher Seite drei evangelische Landeskirchen und drei katholische Bistümer mitzureden. Dazu kommen zehn weitere Anbieter von Religionsunterricht, etwa andere christliche Konfessionen, muslimische Gemeinden oder auch humanistisch-freireligiöse Verbände. Da kann ein Einigungsprozess lange dauern.
Anderswo ist man schon weiter. In Hamburg wird bereits seit den 1990er Jahren „Religionsunterricht für alle“ angeboten. Die evangelische Nordkirche gestaltet die Unterrichtsinhalte, vermittelt sie aber an alle Schüler:innen. Inzwischen arbeitet sie auch mit muslimischen, alevitischen und jüdischen Verbänden und Gemeinden zusammen. Trotz aller Herausforderung findet Schulamtsdirektor Schäfer, dass der Religionsunterricht ein Erfolgsmodell sei. „Jugendliche gehen dort freiwillig und gerne hin.“ Auch für die Kirche selbst sei es eine gute Möglichkeit, um mit Kindern und Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Denn viele von ihnen bekommen zuhause kein religiöses Wissen mehr vermittelt.
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