Künstliche Intelligenz –warum sie uns gleichzeitig fasziniert und erschüttert
Warum kreist unsere Gegenwart so um das Phänomen Künstliche Intelligenz? Weil sie die Frage nach letzten Grenzen aufwirft: Wo endet das Menschliche? Wo fängt das an, was vielleicht sogar stärker ist als der Mensch? Ist dieses Über-Menschliche bedrohlich oder hebt es uns auf eine neue Stufe? Nicht umsonst hat die Bewegung des „Transhumanismus“, zu der sich der Bereich von KI zählen lässt, schon immer Züge einer neuen Religion gehabt.
Als Menschen haben wir ein tiefes Bedürfnis nach Sozialität und Begegnung, nach einem Gegenüber. Mit Chat-GPT scheint ein neues Level erreicht: Die Interaktion kann wie echte Kommunikation, wie ein echter Dialog wirken – mit einem Gegenüber, das mich aufgrund der reinen Datenmasse zumindest potenziell besser kennt und versteht, als jedes menschliche Gegenüber, ja sogar ich selbst. Die Furcht vor der Einsamkeit, die Sehnsucht nach Resonanz ist zutiefst menschlich – und religiös.
Schließlich der vielleicht überraschendste Punkt: Bekanntlich „halluziniert“ ChatGPT gelegentlich, erfindet also einfach Informationen, ohne dies kenntlich zu machen. Schnell denkt man an Fake News und ist zurecht erschrocken. Tatsächlich ist die Frage möglicher Manipulation eine der vielen ethischen Rückfragen im Kontext von KI.
Gleichzeitig: Auch die Religion hat es nicht einfach mit der Wirklichkeit zu tun, „wie sie ist“. Es geht darum, unser Erleben in andere, größere Sinnhorizonte einzustellen und dadurch die Wahrnehmung von Realität zu erweitern. In den Grenzbereichen zwischen Wirklichkeit und Fiktion ist das Leben interessant. Sich dabei immer wieder kritisch zu überprüfen, ist in meinen Augen eine zentrale Stärke des Christentums. Inwiefern auch die Bewegung rund um KI dazu in der Lage sein wird, ist eine der spannenden Fragen unserer Zeit.
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