„Ich liebe euch, meine wunderschönen Christen“
Als Donald Trump Ende Juli vor einer rechtspopulistischen Organisation um Stimmen warb, sagte er: „Geht raus und wählt, dieses eine Mal. Ihr werdet nie wieder wählen müssen, meine wunderschönen Christen. Ich liebe euch Christen.“ Das ist nur ein Beispiel dafür, wie tief die christliche Religion in den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf verwoben ist. Auch Kamala Harris hat in der Vergangenheit offen über ihren christlichen Glauben gesprochen. Zum Beispiel verwendete sie 2019 im Wahlkampf um die demokratische Präsidentschaftskandidatur häufiger das Gleichnis vom barmherzigen Samariter.
Traditionell stehen die großen christlichen Gruppierungen politisch eher hinter den Republikanern, basierend auf konservativen Werten in Bezug auf Themen wie Abtreibung oder gleichgeschlechtliche Ehe. Aber mit Trump hat sich der Bezug auf christliche Symbolik noch mal verschärft. Er, der nach eigener Aussage selbst kein Christ ist, inszeniert sich selbst als Retter traditioneller christlicher Werte.
Und Millionen von Menschen glauben ihm, seien aber eher von den Slogans geblendet, als von den Inhalten überzeugt, sagt Pastor Samuel Kobby Debrah von der englischsprachigen Gemeinde Atterbery Chapel in Frankfurt-Bockenheim. „Auf dem Wagen liest man, dass sie für das Christentum stehen. Die Menschen springen auf, ohne überhaupt den Inhalt zu sehen.“
Hinter der starken Bezugnahme auf das Christentum in der amerikanischen Politik, sieht Debrah ein bloßes Zahlenspiel: „Die religiöse Gruppe in den USA ist riesig. Deshalb versuchen Politiker, sich mit ihnen zu identifizieren.“ John Jones und Maurice Holmes sind Mitglieder der Atterberry Chapel. Als US-Amerikaner und gläubige Christen wollen sie ihren Glauben nicht in der Politik sehen. „Politik ist eine weltliche Sache,“ sagt Jones, „Politik ist in keinster Weise spirituell.“
In der Verwendung christlicher Rhetorik sieht er keine religiöse Überzeugung. „Politiker nutzen alles, was ihnen hilft, ins Amt zu kommen.“ Er findet es falsch, Politik und Religion zu vermischen. Ein Grundsatz, den, wie Holmes sagt, auch die Gründerväter der USA geteilt haben: „In unserem Grundgesetz steht, dass die Regierung keine Gesetze zu Einführungen oder Verboten von Religion machen soll.“ Daraus ergibt sich für ihn auch, dass Religion nicht als Werkzeug im Wahlkampf missbraucht werden darf.
Allerdings lassen sich durchaus viele Kirchen in den USA aktiv auf diese politische Nutzung ein. So hat es zum Beispiel Tradition, dass sich bekannte Priester mit großem Gefolge hinter bestimmte politische Kandidaten stellen. Pastor Debrah sieht darin vor allem Selbstvermarktung: „Wenn ich mich mit einer populären Person identifiziere, werde ich auch selbst populärer. Sie tun das aus persönlichem Interesse.“
Wie viel Überzeugung wirklich hinter der christlichen Rhetorik von politischen Kandidat:innen steckt, zeige sich erst nach der Wahl, sagt Jones. „Wenn die Wahl vorbei ist, haben sie auf einmal wieder keine Zeit für Kirche.“
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