Frankfurter Kirchenasyle sind erfolgreich
Ein Bett, ein Schrank, ein Sofa, ein Fenster mit Ausblick auf Alt-Bornheim und die Johanniskirche: Gemütlich und zweckmäßig hat die Gemeinde Bornheim diesen besonderen Raum im Gemeindehaus eingerichtet. Für den jungen Mann aus Äthiopien, der im Moment dort wohnt, ist der Raum aber nicht nur einer zum Wohnen, sondern ein Schutzraum. Er lebt dort seit einigen Wochen im Kirchenasyl. Es ist bereits das achte Kirchenasyl in den Räumen der Bornheimer Gemeinde. „Wir haben gute Erfahrungen gemacht und konnten vielen Menschen helfen“, sagt Pfarrer Matthias Weber. Es habe sich ein engagiertes Team aus Ehrenamtlichen gebildet, die sich um die Geflüchteten in den Gemeinderäumen kümmern, erzählt Weber. Zuvor war hier einer Mutter und ihrer Tochter aus Afghanistan Unterkunft gewährt worden, bis sie nach sechs Monaten einen Asylantrag in Deutschland stellen konnten. „Der Umgang mit Fremden und die Hilfe für Menschen in Not gehört schließlich zum Kern des kirchlichen Selbstverständnisses“, sagt Weber.
Auch andere Gemeinden in Frankfurt und Offenbach haben bereits Flüchtlingen auf diese Weise geholfen, zurzeit gibt es noch drei weitere Fälle. In ganz Deutschland befinden sich laut „Asyl in der Kirche“ zurzeit 295 Schutzsuchende im Kirchenasyl. Die allermeisten davon, nämlich 282, sind so genannte Dublin-Fälle, das heißt, sie sind über einen anderen europäischen Staat nach Deutschland eingereist und können hierzulande daher erstmal keinen Asylantrag stellen, sondern sollen nach Italien oder Griechenland zurückkehren. Auch der jetzige Schutzsuchende aus der Johannisgemeinde ist ein Dublin-Fall. Er sei aus Gründen geflüchtet, die in einigen europäischen Ländern als Asylgründe anerkannt sind, allerdings nicht in Italien, dem Land, über das er in die Europäische Union eingereist ist, sagt Pfarrer Weber. Weitere Details möchte er zum Schutz der Privatsphäre nicht nennen. Andere Dublin-Flüchtlinge haben traumatische Erfahrungen gemacht, zum Beispiel in einem der griechischen Elendslager, oder sie sind krank und trauen sich den Weg nicht mehr zu.
Ulrich Schaffert, Pfarrer in der Frankfurter Nordweststadt, erzählt noch ein anderes Beispiel. In seiner Gemeinde war ein afghanisches Ehepaar mit einem Baby im Kirchenasyl, das über Kroatien nach Deutschland gekommen war. „Dort haben sie mehrere so genannte Push-Backs erlebt, das heißt, sie wurden gewaltsam und rechtswidrig nach Bosnien zurück verfrachtet und dort im Wald ausgesetzt. Dorthin zurück geschickt zu werden, wäre für sie ein Albtraum!“
Vor wenigen Wochen gab es jedoch eine gute Nachricht: Seit Januar können Dublin-Flüchtlinge wieder nach sechs Monaten Aufenthalt in Deutschland einen Asylantrag stellen. Diese Frist hatten die Innenminister vor zwei Jahren auf 18 Monate erhöht, was eine erhebliche Mehrbelastung bedeutete, nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für die Gemeinden, die ein Kirchenasyl begleiteten. Was wohl auch die Absicht dahinter war. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Verschärfung jedoch vorigen Juni für unrechtmäßig erklärt, jetzt, sieben Monate später, hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) das Urteil endlich auch umgesetzt. „Wir haben uns sehr gefreut, als wir das gehört haben“, sagt Matthias Weber. Denn es erhöht die Chancen, dass auch der Mann aus Äthiopien in absehbarer Zeit in Deutschland Asyl beantragen darf.
„Kirchenasyl ist kein Sonderrecht, sondern ein zeitlich begrenzter Schutzraum, der geflüchteten Menschen in besonderen Härtefällen von Kirchengemeinden gewährt wird“, sagt Pfarrer Schaffert, der auch stellvertretender Vorsitzender des Hessischen Flüchtlingsrates ist. „Es soll eine eingehende Einzelfallprüfung ermöglichen, bei der die besonderen humanitären Härten berücksichtigt werden.“
Und wie finden Geflüchtete überhaupt den Weg in ein Kirchenasyl? „Wir organisieren das über die Sozialberatung für Migranten und Flüchtlinge im Haus am Weißen Stein“, sagt Matthias Weber. In dem evangelischen Beratungszentrum in Frankfurt-Eschersheim gebe es eine lange Liste an Menschen, die Bedarf haben. Für ein Kirchenasyl kämen Menschen in Frage, die gute Erfolgschancen bei einem Asylantrag haben, wenn sie die geforderten sechs Monate in Deutschland bleiben.
Übrigens: Rein rechtlich gibt es den Terminus Kirchenasyl gar nicht. Das Gewaltmonopol des Staates gilt ohne Ausnahme, also auch für die Kirchen. Juristisch macht es also keinen Unterschied, ob ein Mensch in einer Kirche, bei einer anderen Institution oder in einem Privathaushalt Zuflucht sucht. Trotzdem akzeptieren es die Behörden in der Regel, wenn sich eine Gemeinde um einen Flüchtlingsfall kümmert. Bilder von gewaltsamen Räumungen in Gotteshäusern will keine Landesregierung erklären müssen. Und es wurden für diesen Fall auch konkrete Regularien zwischen der Kirche und dem Bundesamt für Migration (BamF) vereinbart, zum Beispiel, dass den Behörden der Aufenthaltsort der Personen mitgeteilt wird.
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