Feminismus und Religion: „Patriarchal verseuchte Verhältnisse“
Der Feminismus gehört nach Ansicht der Ethnologin Susanne Schröter zu jenen „liberalen Positionen, die durch den Vormarsch der Fundamentalisten zurückgedrängt werden“, ebenso wie die Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit oder Freiheit. Bei einer Podiumsdiskussion im Evangelischen Frauenbegegnungszentrum in Frankfurt am Main wies Schröter auf die Lage in arabischen und afrikanischen Ländern hin, „wo die Frauenrechte wieder massiv unter Druck geraten“.
Diesen rückwärts gewandten Einstellungen hingen allerdings auch viele Frauen an, kritisierte die Professorin an der Frankfurter Goethe-Universität bei der Diskussion mit dem Thema „Religion und Feminismus – passt das zusammen?“. Für sie verlaufe die Grenze daher nicht zwischen den Geschlechtern, sondern zwischen liberalen und repressiven Kräften. Die feministische Forderung nach dem Recht, die gleichen formalen Positionen wie Männer einnehmen zu können, gelte im religiösen wie im säkularen Kontext gleichermaßen.
Loyal nur gegenüber Gott und der weiblichen Freiheit
Das findet auch die evangelische Theologin und Redakteurin von „Evangelisches Frankfurt“, Antje Schrupp. Unter „patriarchal verseuchten“ Verhältnissen lasse sich gar nichts mit Feminismus vereinbaren. In Bezug auf Religion müsse man sich denn auch von der männlichen Autorität und den entsprechend geprägten Gottesbildern befreien. Im Protestantismus sei das zwar bereits ein Stück weit gelungen, doch das empfinde sie auch als Last. Schrupps Ansicht nach ist es „nicht Aufgabe der Feministinnen, die Religion zu retten oder glauben zu machen, sie sei nicht so schlimm“. Feministisch und religiös zugleich zu sein ist für die Journalistin nur möglich, wenn die „Loyalität gegenüber der Glaubensgemeinschaft als Institution aufgekündigt wird und allein Gott und der weiblichen Freiheit gilt“.
Neuerungen im Islam erhofft sich Khola Maryam Hübsch von Lajna Imaillah, der muslimischen Frauenorganisation der Ahmadiyya Muslim Jamaat, durch „Reformen von innen heraus“. In den liberalen Ahmadiyya-Gemeinden zum Beispiel stünden Frauen nicht zurück. Dass die Gleichstellung in etlichen islamischen Ländern missachtet wird, führt sie auf die unselige Verflechtung von Religion und Politik zurück. Die Tochter des 2011 verstorbenen Frankfurter Schriftstellers Hadayatullah Hübsch kennt den Islam als „eine vom Geist her gerechte Religion“. Da im Koran Frauen und Männer als gleichwertig beschrieben seien, rät Hübsch, theologisch gegen die Unterdrückung der Frauen zu argumentieren und die vorhandenen „Spielräume der Interpretation zu nutzen“.
Die männliche Dominanz wird ins Bröckeln geraten
Hohen Stellenwert besitzt für die als freie Journalistin tätige Psychologin die Vernunft. Geschlechtergerechtigkeit habe im Islam von Anfang an eine große Rolle gespielt. So hätten Frauen immer wieder Forderungen gestellt und teilweise sogar mit dem Schwert gekämpft. Hübsch erachtet den Wandel im Islam daher als eine Frage der Zeit. Sie geht davon aus, dass die männliche Dominanz über kurz oder lang ins Bröckeln geraten wird.