„Ein Kirchenasyl muss gut vorbereitet werden
Frau Harzke, Sie sitzen im Vorstand des Vereins Maqom, der Gemeinden zum Thema Kirchenasyl berät. Wie groß ist das Interesse daran im Moment?
Das Interesse ist groß, gerade, seit die Situation in Afghanistan wieder in den Fokus geraten ist. Wir haben derzeit drei Kirchenasyle in evangelischen Gemeinden in Frankfurt. Etwa sechs Gemeinden nehmen regelmäßig Geflüchtete auf.
Ist das denn erfolgsversprechend für die Menschen?
Ja, das ist es. Die Fälle sind sorgfältig ausgewählt, wir arbeiten eng mit der Migrationsberatung im Haus am Weißen Stein zusammen. Es sind alles Härtefälle. Alle Geflüchteten, die im Kirchenasyl aufgenommen werden, fallen unter die Dublin-Verordnung – das heißt, sie sind aus Drittstaaten wie Italien oder Kroatien nach Deutschland gekommen, würden von dort aber sofort abgeschoben werden. Nach sechs Monaten im Land dürfen sie hier einen Asylantrag stellen. Diese sechs Monate zu überbrücken, dabei hilft das Kirchenasyl – und zwar mit einer sehr guten Erfolgsquote.
Was raten Sie Gemeinden, die geflüchtete Menschen aufnehmen wollen?
Zunächst mal brauchen sie natürlich Räume im Gemeindehaus, um eine Familie oder auch einzelne Personen unterbringen zu können, dazu gehören auch ein Bad und eine Kochmöglichkeit. Außerdem sind erfahrungsgemäß etwa sechs bis sieben Aktive nötig, um ein Kirchenasyl zu begleiten. Es reicht nicht, wenn nur die Pfarrerin und eine sehr engagierte Person mitmachen.
Wie ist das Feedback aus den Gemeinden, wenn sie es das erste Mal gemacht haben?
Für die meisten Gemeinden ist es eine sehr positive Erfahrung, auf so konkrete Weise Menschen helfen zu können. Oft finden sich schnell Leute für den Helferkreis, die hinterher mit leuchtenden Augen über das Kirchenasyl berichten. Manchmal sind auch Menschen dabei, die der Kirche eigentlich nicht nahestehen, und die trotzdem helfen möchten.
Wie kann man eine bessere Infrastruktur für Kirchenasyle schaffen?
Wir von Maqom setzen uns dafür ein, dass das Thema Kirchenasyl in der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau auch bei der Gebäudeentwicklung berücksichtigt wird. Wenn neue Gemeindehäuser geplant werden, könnten dort doch nicht nur Räume für den Yogakurs, den Bibelkreis und die Konfirmand*innen, sondern auch für die Unterbringung von Menschen, die Zuflucht suchen, mitgedacht werden. Oder man könnte alte Gemeindehäuser, die sonst abgerissen werden, noch für einige Jahre zu diesem Zweck nutzen.
Wie sehr sollte sich die Kirche beim Thema Geflüchtete einschalten?
Die Bibel ist ein Buch voller Fluchtgeschichten, Jesus selbst fand Zuflucht in Bethlehem. Migration ist ein Kernthema des Christentums. Traditionell gab es in Pfarrhäusern immer ein Gästezimmer. Menschen in Not müssen sich an Kirchengemeinden wenden können.
In der Veranstaltung „Kirchenasyl in unseren Gemeinden“ der Ehrenamtsakademie informiert Anja Harzke darüber, welche Voraussetzungen eine Gemeinde schaffen muss, um Kirchenasyl gewähren zu können und was es konkret für eine Gemeinde bedeutet.
Infos im Internet unter www.maqom.de
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