Der Preis der Mobilität: Beim Verkehr laufen Geldströme oft in die falsche Richtung
Eigentlich eine gute Idee: Eine „Kampfpreis-Steuer“ auf Billigflüge unter 50 Euro schlug der CSU-Politiker Alexander Dobrindt kürzlich vor, um das Bahnfahren finanziell attraktiver zu machen. Sein Vorschlag zog zwar erhitzte Diskussionen nach sich, aber passiert ist nichts. Das ist fast schon symptomatisch, wenn es um die Durchsetzung klimagerechter Preise geht – viel Gerede, aber gehandelt wird nicht.
Dabei wären Preise nach Ansicht von Kai Schlegelmilch vom Bundesamt für Naturschutz durchaus wirksam. Der Vorsitzende des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) sprach über den „Preis der Mobilität“. Derzeit subventioniere der Staat den Verkehrssektor in Deutschland mit jährlich 28,6 Milliarden Euro. Zum Beispiel indem die Energiesteuer auf Diesel vergünstigt wird, Kerosin sogar ganz steuerfrei ist, und bei Langstreckenflügen keine Mehrwertsteuer gezahlt werden muss. Für den Straßenverkehr gibt der Staat 170 Milliarden Euro im Jahr aus, über KFZ- und Energiesteuer sowie Maut bekommt er aber nur 55 Milliarden zurück. So entsteht jedes Jahr ein Defizit von 115 Milliarden Euro, rechnete Schlegelmilch vor.
Es gibt also Handlungsbedarf, wobei manche Maßnahmen leicht umsetzbar seien. Kai Schlegelmilch schlug die Abschaffung der Entfernungspauschale vor – dass Fahrten zur Arbeit von der Steuer abgesetzt werden können sei eine „Luxussituation“, die es nur in Deutschland gebe, und sie komme vor allem Besserverdienenden zugute. Mit wenig Aufwand ließen sich zudem die Subventionen für Regionalflughäfen reduzieren und das Dienstwagenprivileg reformieren, das große, oft CO2-intensive Dienstwagen steuerlich fördert.
Schwieriger durchzusetzen sind Regeln im internationalen Bereich. Obwohl Flüge besonders umweltschädlich sind, habe das Einstimmigkeitsprinzip der EU eine Steuer verhindert, kritisiert Schlegelmilch. Dass Kerosin und internationale Flüge steuerbefreit sind, ist ein Misstand, der sich nur auf internationaler Ebene lösen lässt.
Aber nicht nur im Flugverkehr seien die Preise „weit davon entfernt, die ökologische Wahrheit abzubilden“. An höheren Energiesteuern führe daher kein Weg vorbei. Die müssten allerdings durch Rückverteilung sozial gestaltet werden. Höhere Energiepreise hätten auch den Vorteil, dass sie einen Anreiz für Firmen schaffen, sich um größere Effizienz zu bemühen.
Cara Speer von der Wiesbadener Sektion von „Fridays for Future“ wünschte sich beim anschließenden Podiumsgespräch eine intensivere Erforschung regenerativer Energien. Einen völligen Verzicht auf Flugreisen hält sie nicht für sinnvoll, auch umweltbewusste junge Menschen wollten die Welt erkunden, und das nicht immer nur mit der Bahn. Allerdings würden inzwischen „viele zweimal überlegen, bevor sie ins Flugzeug steigen“. Im Nahbereich seien die meisten längst auf das Fahrrad umgestiegen und versuchten in jeder Hinsicht, nachhaltig zu leben.
Wichtig dafür sind auch belastbare Informationen. Im Umweltbundesamt errechnet Astrid Matthey unter anderem anhand von Modellen, welche Folgekosten die unterschiedlichen Energieträger, Reisen mit Flugzeug, Auto oder Bahn sowie durch Klimaerwärmung bedingte Extremwetterlagen für die Umwelt und die Gesundheit der Menschen besitzen. „Das sind alles wissenschaftlich solide Werte.“
Beim Fliegen etwa sei der Treibstoffverbrauch nur ein Aspekt. Die Kerosinverbrennung erzeuge nicht nur schädliche Emissionen, sondern in den sehr trockenen Höhenschichten auch Wasser, das sich dann zu Wolken formiert, die wiederum die Abstrahlungsprozesse der Erde abhalten. Dass der Flugverkehr jährlich um fünf Prozent wächst, sei daher wirklich ein Problem.
Yvonne Ziegler, Professorin an der Frankfurt University of Applied Sciences mit Schwerpunkt Luftverkehrsmanagement, hält den Emissionshandel im Luftverkehr für längst nicht ausreichend. Der Staat sollte ihrer Ansicht nach mehr in Forschungen investieren, die zu einer Reduzierung des CO2-Ausstosses führen können.
Eingeladen zu der Veranstaltung hatten Gunter Volz, Pfarrer für gesellschaftliche Verantwortung beim Evangelischen Stadtdekanat Frankfurt und Offenbach, und Pfarrer Hubert Meisinger vom Zentrum gesellschaftliche Verantwortung (ZGV) der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.
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