Politik & Welt

Demokratie ist mehr als „basta!“ und „zack, zack!“

In schwierigen Zeiten sind autoritäre und ausgrenzende Parolen verführerisch. Aber damit werden keine Probleme gelöst. Demokratie ist zwar mühsamer, aber der bessere Weg.

Prodekanin Amina Bruch-Cincar. Foto Tamara Jung-König
Prodekanin Amina Bruch-Cincar. Foto Tamara Jung-König

Um es gleich vorneweg zu sagen: Die Bibel kennt keine Demokratie. Sie kennt unter anderem die Monarchie, die Gott eher widerstrebend zulässt, weil er weiß, welche Probleme sie mit sich bringt. Jesus kündigt das Reich Gottes an, aber eines, das nicht von dieser Welt ist. Will sagen: Keine irdische Staatsform kann für sich göttliche Autorität in Anspruch nehmen. Politik bleibt immer vorläufig.

Wenn wir heute dennoch die Demokratie für alternativlos halten, dann aufgrund eines biblisch begründeten Menschenbilds. Die gesamte Schöpfung hat das göttliche Qualitätssiegel „gut gemacht“ erhalten. Das ist die Basis für gegenseitigen Respekt, für die Wertschätzung anderer. Wenn alle Menschen Gottes Geschöpfe und Ebenbilder sind, verbietet es sich, ihre Rechte zu beschneiden. Hier setzen Demokratie und Menschenrechte an. Zur großen Menschheitsfamilie gehören auch Asylsuchende, Obdachlose, Arme und Menschen mit Behinderung. Auch Muslime und Hindus, eben alle!

Deshalb sind Einstellungen, die die Menschen einteilen in „wir” (einheimisch, gesund, hetero und wohlversorgt) und „die” (anderen) gefährlich. Wer andere diffamiert, verschafft „uns” vielleicht kurzfristig ein Gefühl der Überlegenheit und des Zusammenhalts. Mag sein. Vor allem aber wird er Unfrieden säen und am Ende keine Probleme lösen.

Die vergangenen Jahre geben vielen Menschen, auch mir, das Gefühl, vor einem schier unüberwindlichen Berg an Aufgaben und Schwierigkeiten zu stehen: die Fluchtwelle 2015, dann Corona, Klimakrise, Krieg und Inflation. Das alles sind Stichworte für Rechtspopulisten, einen autoritären und ausgrenzenden Staat herbeizusehnen, der kurzen Prozess macht zum Wohle dessen, was als „deutsches Volk” verstanden wird. Das christlich begründete Menschenbild hingegen gesteht allen das Recht auf ein menschenwürdiges Leben zu. Dies verwirklicht sich eher in der rechtsstaatlich verfassten Demokratie und in einer liberalen und offenen Gesellschaft, die von Toleranz und Humanität getragen ist.

Man merkt es gleich: Wirkliche Demokratie ist im Vergleich zu dem, was Rechtspopulisten anbieten, der lange Prozess. Da gibt es kein „basta!“ und kein „zack, zack!“. Demokratie heißt geduldig sein. Da werden alle Seiten gehört, Argumente abgewogen. Das ist fair und kostet Zeit. Aber nur wer sich die Zeit nimmt, kann am Ende Lügen aufdecken und besonnen widersprechen.

Gerade jetzt, wo so viele Menschen unter der Belastung der globalen Krisen ächzen, ist es wichtig, dass wir Herausforderungen mit Umsicht, Respekt und Fairness angehen und menschenfeindlichen Ideologien eine klare Absage erteilen. Im Vertrauen auf Gott und darauf, dass eine gerechtere Welt möglich ist.


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Autorin

Pfarrerin Amina Bruch-Cincar ist Prodekanin des Evangelischen Stadtdekanats Frankfurt und Offenbach. Nähere Informationen zu ihrer Person finden Sie hier. Sie ist für den Dekanatsbereich Süd-Ost zuständig, zudem koordiniert sie die Arbeitsbereiche Kirchenmusik und Altenseelsorge.

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