Politik & Welt

Adam, Eva und das Selbstbestimmungsgesetz

Die Bundesregierung will das bisherige Transsexuellengesetz abschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzen. Worum geht es dabei genau? Und welche Positionen gibt es in der Kirche dazu?

Foto: c. Schüssler / Adobe Stock
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Die einen begrüßen das Vorhaben als überfälligen Schritt, andere befürchten das Ende des biologischen Geschlechts und sehen praktische Probleme bei der Umsetzung. Doch worum genau geht es bei dem neuen Selbstbestimmungsgesetz?

In Zukunft soll man den eigenen Geschlechtseintrag im Personenstandsregister (also „weiblich“, „männlich“ oder „divers“) durch eine einfache Erklärung beim Standesamt ändern können. Es wird also keine objektive Bescheinigung der Geschlechtszugehörigkeit mehr geben, wie sie bisher vom Arzt („Hat das Baby einen Penis?“) oder einer Psychologin („Fühlt sich ein Mensch wirklich nachhaltig einem anderen Geschlecht als dem bei der Geburt festgestellten zugehörig?“) ausgestellt wird.

Das erscheint zunächst radikal. Es bedeutet aber keineswegs die „Abschaffung der Geschlechter“, wie manchmal gesagt wird. Die Geschlechtszugehörigkeit wird eben nur nicht mehr „von Staats wegen“ beglaubigt. Theoretisch könnte der Staat sogar ganz darauf verzichten, das Geschlecht der Bürger:innen zu erfassen, wie das Bundesverfassungsgericht im jüngsten Urteil ausdrücklich festgestellt hat.

Das oberste Gericht musste sich in den vergangenen Jahren häufig mit dem Thema beschäftigen. Weite Teile des derzeitigen Transsexuellengesetzes, das aus dem Jahr 1981 stammt, sind bereits außer Kraft gesetzt. Etwa dass sich transgeschlechtliche Menschen einer Zwangssterilisation unterziehen müssen, um ihren Personenstand ändern zu können. Bis 2011 war das so.

Und was sagt die Kirche zu den Plänen für das neue Selbstbestimmungsgesetz? Das ist nicht einheitlich. Der Dachverband der Evangelischen Frauen in Deutschland (EFiD) hat sich klar hinter das Selbstbestimmungsgesetz gestellt. Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken begrüßt das Vorhaben. In der wissenschaftlichen Theologie gehen heute die meisten Forscher:innen davon aus, dass das traditionelle Geschlechterverständnis nicht auf die Bibel selbst zurückgeht, sondern im Wesentlichen im 18. und 19. Jahrhundert entstanden ist.

Schaut man sich die Schöpfungsgeschichte aus dem ersten Kapitel der Bibel genauer an, hat Gott die Menschen zwar „männlich und weiblich“ geschaffen, aber nicht genau definiert, was das eine und das andere ist. „Adam“ jedenfalls ist nicht, wie oft behauptet wird, ein Mann, denn das Wort ist in der hebräischen Sprache kein (männlicher) Eigenname, sondern bedeutet schlicht „Menschenwesen“. Adam ist also geschlechtslos. Der erste Mensch wird erst zum „Mann“, als Gott ihm ein „Gegenüber“ erschafft, eine „Frau“. Eva heißt die „Mutter alles Lebendigen“, weil mit ihr die menschliche Pluralität und Vielfalt in die Welt gekommen ist. Laut Bibel gibt es also nicht „den“ Menschen, sondern immer nur viele, im Plural.

Dass das Christentum trotzdem in dem Ruf steht, besonders rigide Vorstellungen von einer klar zweigeteilen Geschlechterordnung zu vertreten, ist aber nicht ganz aus der Luft gegriffen. Besonders der Vatikan spricht sich immer wieder vehement für die Beibehaltung traditioneller Geschlechterkonzepte aus. Dasselbe gilt für viele orthodoxe Kirchen. Auch rechtspopulistische Netzwerke, die einen Feldzug gegen alles führen, was sie für „Gender-Gaga“ halten, berufen sich oft auf christliche Traditionen, allerdings meist ohne große Sachkenntnis.

Keine Frage: Um ein Kind zu zeugen, braucht es zwei Körper mit unterschiedlichen Keimzellen und Reproduktionsorganen. Aber wie diese biologische Differenz sich in sozialen Rollen niederschlägt, welche Vorstellungen von „Geschlecht“, von Mannsein oder Frausein eine Gesellschaft damit verbindet – das ist weder von Gott noch von der Bibel vorgeschrieben. Es zu regeln fällt in den Bereich unserer Freiheit als Christenmenschen.


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Antje Schrupp 238 Artikel

Dr. Antje Schrupp ist Chefredakteurin des EFO-Magazins. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com Mastodon: @antjeschrupp@kirche.social

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