Offenbachs Weltladen bangt um seine Zukunft
Die Vorstellung, zu dritt oder zu viert im Weltladen zu bummeln, scheint unvorstellbar. Gerade mal 18 Quadratmeter misst die Grundfläche des kleine Häuschens auf dem Vorplatz der Gustav-Adolf-Gemeinde in Bürgel. Das Sortiment lässt trotzdem keine Wünsche offen. Kaffee, Tee, Schokolade, Honig, Nippes, Gefilztes und sogar ein bisschen Schmuck. Für ein Mitbringsel reicht das allemal. Für Genussmomente sowieso.
Das Beste: Jeder Artikel des Sortiments stammt aus fairem und ökologischem Handel. „Begonnen hat alles schon vor mehr als 30 Jahren“, erzählt Ulla Suchan. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Gerhard organisierte die inzwischen pensionierte Lehrerin damals im Rahmen der Kirchengemeinde Protest gegen die rassistischen Apartheidsverhältnisse in Südafrika. In Gesprächsgruppen tauschten sich Gleichgesinnte aus, wollten gegen die Ungerechtigkeit ankämpfen. Bald war die Idee geboren, den fairen Handel und damit auch soziale Projekte im globalen Süden zu unterstützen. Und der Wunsch, einen Weltladen zu eröffnen.
Vom Verkauf zertifizierter Waren in den Gemeinderäumen über einen kleinen Kiosk in einer Seitenstraße ergab sich schließlich der Bau des kleinen Häuschens vor der Gustav-Adolf-Kirche. „Wir waren damals die Evangelen im katholischen Bürgel. Da hat so mancher Katholik schon mal nachgefragt, ob der Zutritt gestattet ist.“ Ulla Suchan lacht und ist froh, dass sich die Zeiten geändert haben.
Heute engagieren sich noch dreizehn Menschen in dem inzwischen gegründeten Verein. Sie schaffen es bislang, den Laden an vier Tagen in der Woche zu öffnen. „Unsere älteste Mitstreiterin ist Jahrgang 1939.“ Ulla Suchan checkt das Geburtsjahr sicherheitshalber nochmal auf der Kontaktliste an der Tür, auf der alle Kolleginnen und Kollegen zu finden sind.
Doch wie viele Vereine und zivilgesellschaftliche Organisationen hat auch die Bürgeler Initiative ein Nachwuchsproblem. Das Team spielte schon alle Optionen durch, wie es mit dem Weltladen weitergehen könne. „Wenn wir eine Warenlieferung bekommen, wird die Lage besonders deutlich. Schwer heben oder viel räumen ist mit zunehmendem Alter beschwerlich. Auch am Umgang mit neuester Technik scheitert es oft.“ 25 Jahre sind eben eine stattliche Zeit, und die gesamte Truppe ist mit dem Laden älter geworden. Loslassen oder gar Aufgeben kommt für den Moment aber noch nicht in Frage. „Man wächst ja auch mit so einem Projekt. Auch wenn das Konzept der Weltläden eine Nische geblieben ist.“
Ulla Suchan findet es schade, dass bisher keine Offenbacher Kirchengemeinde bei der Aktion „Faire Gemeinde“ mitmacht; auch im benachbarten Frankfurt tragen bislang erst drei Gemeinden dieses Label, das als sichtbares Zeichen von nachhaltigem und fairem Handeln im Kirchenalltag gedacht ist. Den Beschluss, Teil dieser Initiative zu werden, muss der Kirchenvorstand fassen, und dann sind in der Umsetzung verschiedene Kriterien zu erfüllen.
Desillusioniert ist die Friedenstruppe um den Bürgeler Weltladen aber trotz allem nicht: „Dann würden wir hier längst nicht mehr stehen“, sagt Gerhard Suchan. Immerhin sind über die Jahre schon rund 100.000 Euro ausschließlich aus den Verkaufserlösen des Lädchens in soziale Projekte geflossen. Suchan schildert die vertrauensvolle und friedliche Atmosphäre in der Weltladen-Community und findet es nach wie vor eine gute Entscheidung, so viele Stunden ehrenamtlicher Arbeit in den Weltladen zu stecken. „Wir wünschen uns sehr, dass es irgendwie weitergehen wird.“ Einstweilen werden weiterhin Leckereien, Halstücher und Körbe verkauft. Für die Unterstützung von Projekten in Südafrika und auf den Philippinen.
Kontakt: Weltladen Offenbach, Langstraße 62, 63075 Offenbach, www.weltladen-offenbach.de. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag von 10-13 und 15-18 Uhr, Samstag von 10-13 Uhr.
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