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Juwele der Kirchengeschichte, Teil 16: die Gustav-Adolf-Kirche in Bürgel

Die Gustav-Adolf-Kirche in der Langstraße prägt mit ihrem spitzen Turm und dem Sandsteinportal bis heute das Ortsbild von Bürgel. Der lange katholische Offenbacher Ortsteil bekam seine erste evangelische Kirche im Jahr 1903. Wir stellen sie im Rahmen unserer Serie über historische Kirchen in Frankfurt und Offenbach vor.

Die Gustav-Adolf-Kirche in Offenbach-Bürgel bekam bei der Innenrenovierung 2008 ein neues Farbkonzept. | Foto: Rui Camilo
Die Gustav-Adolf-Kirche in Offenbach-Bürgel bekam bei der Innenrenovierung 2008 ein neues Farbkonzept. | Foto: Rui Camilo

„Niemand hat Gott je gesehen. Aber wenn wir einander lieben, lebt Gott in uns.“ Dieser Bibelvers aus dem ersten Johannesbrief (Kapitel 4, Vers 12) steht als Motto in großen Buchstaben auf dem Rundbogen der großen halbrunden Apsis in der Gustav-Adolf-Kirche in Offenbach-Bürgel. Es sind 75 Zeichen, die Professor Karlgeorg Hoefer von der Hochschule für Gestaltung zum 75-jährigen Kirchweihjubliläum 1978 dorthin geschrieben hat. Der Wiesbadener Künstler Eberhard Münch hat sie bei der letzten Renovierung 2008 in seine Neugestaltung der Apsis integriert und nachgemalt.

Ihren Namen trägt die Kirche seit 1920. Der Hintergrund ist folgender: König Gustav II. Adolf von Schweden (1594-1632) verhinderte durch sein Eingreifen in den Dreißigjährigen Krieg den Sieg der kaiserlichen, katholischen Habsburger und sicherte damit die Existenz des Protestantismus. Am 200. Gedenktag zu seinem Tod gründeten Protestanten in Leipzig das Gustav-Adolf-Werk, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, evangelischen Minderheiten in der ganzen Welt zu helfen.

Auch für die erste evangelische Kirche im lange Zeit katholisch geprägten Bürgel spendete ein Gustav-Adolf-Verein, aber auch viele Bürger und Bürgerinnen. Die Kirche kostete schließlich 100.000 Reichsmark. Sie wurde nach Plänen des Herborner Architekten Ludwig Hofmann im neogotischen Stil erbaut und am 4. Oktober 1903 samt Glocken und Orgel eingeweiht.

Doch schon 41 Jahre später, in der Nacht von Samstag, 18., auf Sonntag, 19. März 1944, wurde sie beim schwersten Bombenangriff auf Offenbach zerstört: Tragischerweise nachdem 25 Konfirmandinnen und Konfirmanden sie gerade noch für ihre Einsegnung am Sonntag geschmückt hatten. Doch schon bald nach Kriegsende konnte die Kirche in Eigeninitiative nach Plänen des Architekten Reichard wiederhergestellt und 1949 wiedereingeweiht werden.

Eine neue Orgel mit 14 Registern von der Firma Förster und Nicolaus erhielt die Kirche 1955, und am 7. Juli 1957 wurden die vier neuen Glocken von der Gießerei Rincker eingeholt und in den Kirchturm überführt. Die Wiederaufbauarbeiten der Kirche endeten im Jahre 1963 mit dem Aufsetzen eines neuen spitzen Turmhelms.

In den Jahren 1999/2000 wurde die Kirche von außen renoviert. Dabei entstand auch der einladende Kirchenvorplatz mit einer Bank, Büschen und Bäumen und der „Eine-Welt-Laden“ mit fairem Handel. Pfarrerin Amina-Bruch-Cincar initiierte 2008 eine Innenrenovierung, bei der der PVC-Boden durch einen neuen Steinboden und die schweren Bänke durch flexible Bestuhlung ersetzt wurden. Außerdem änderte sie das Farbkonzept: Die Wände sind jetzt hellgrau statt eierlikörfarben, und die Brüstungen der Emporen, Türen und Fensterrahmen sind ebenfalls grau, während die Fensterumrandungen gelb, blau und orange gestrichen wurden.

Zentral war aber die Neugestaltung der Apsis durch Eberhard Münch. Mit einer Wischtechnik strich er die Decke der Apsis blau und versah sie mit einigen roten und gelben Tupfern: Eine moderne Form des opulenten Sternenhimmels, der typisch für die Jahrhundertwende ist und bei der Renovierung in der Apsis wiederentdeckt wurde. Er ist jetzt unter der Neugestaltung konserviert.

Die Wände der Apsis sowie die Altarwände strich der Künstler ebenfalls in Wischtechnik in einem warmen Gelb. Besonders beliebt in der Gemeinde ist ein angedeuteter blauer Engel auf der rechten Seite neben dem Altar, der über dem Taufbecken zu schweben scheint: Er rekurriert auf den beliebten Taufspruch: Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen, Psalm 91, Vers 11.

Bemerkenswert ist schließlich auch das Chorfenster, das nach dem Krieg neu gestaltet wurde, aber in der Form den Jugendstil aufgreift. Im Jahr 1903 war die Geburt Christi im Stall auf dem Fenster zu sehen. Jetzt finden sich hinter dem meterhoch aufragenden Kreuz auf dem Altar im zentralen Fenster die Buchstaben Alpha und Omega unter der Krone Christi, umrahmt von Weinrebe und Weizenähre in seitlichen Fenstern als Symbole für das Abendmahl: Christus regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit und ist bei der Gemeinde in Wein und Brot.

Die Orgel auf der rückwärtigen Empore ist seit einigen Jahren nicht mehr funktionstüchtig. Aber die Technik der neuen dreimanualigen elektronischen Orgel findet Platz hinter ihren hübsch geschwungenen Pfeifen.


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Autorin

Stephanie von Selchow ist Redakteurin des EFO-Magazins.

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