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Juwele der Kirchengeschichte, Teil 24: Die Friedenskirche in Offenbach

Das Westend in Offenbach war ursprünglich ein Industrie- und Hafenviertel. Ab 1871 entwickelte es sich zu einem Villengebiet für Fabrikbesitzer. Da das Viertel immer weiter wuchs, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts ein eigener Seelsorgebezirk notwendig. Die neue Kirche erhielt den Namen "Friedenskirche", um soziale Unterschiede zu überbrücken und auf sozialen Frieden hinzuarbeiten.

Die von Friedrich Pützer erbaute Friedenskirche in Offenbach. | Foto: Rolf Oeser
Die von Friedrich Pützer erbaute Friedenskirche in Offenbach. | Foto: Rolf Oeser

Den Auftrag für die Bauplanung der Friedenskirche erhielt der renommierte Architekt Friedrich Pützer. Er war Professor an der TU Darmstadt, Stadtplaner und seit 1908 Kirchenbaumeister der evangelischen Landeskirche des Großherzogtums Hessen. Pützer hatte auch die Lutherkirche in Offenbach gebaut und schuf mit dem Paulusplatz und der evangelischen Pauluskirche in Darmstadt eine der bedeutendsten Anlagen des künstlerischen Städtebaus in Deutschland.

Die Bauleitung der Friedenskirche wurde dem Offenbacher Architekten Eduard Walther übertragen. Der Bau begann am 24. Mai 1911, der Grundstein wurde am 23. Juli 1911 gelegt. Die Baukosten betrugen etwa 200.000 bis 230.000 Goldmark, was heute etwa 1,2 bis 1,38 Millionen Euro entspricht.

Die Friedenskirche steht unter Denkmalschutz und orientiert sich am "Wiesbadener Programm". Dieses Programm sah vor, dass die Kirche nicht nur ein Sakralraum sein sollte, sondern auch das Zentrum und Versammlungshaus der Gemeinde.

Infolge beengter Grundstücksverhältnisse teilte der Architekt den Kirchenbau zweigeschossig auf. Im Untergeschoss befinden sich die Gemeinderäume, die früher auch einen Kindergarten beherbergten. Das Obergeschoss dient hauptsächlich dem Gottesdienst. Altar, Kanzel, Plätze für die Gemeinde und Orgel bilden eine Einheit. Die Kirchenbänke sind erhalten geblieben. Die Orgel stand ursprünglich hinter dem Altar, wurde aber nach dem Krieg auf die gegenüberliegende Nordempore verlegt. Das jetzige Instrument wurde 1987 von Förster & Nicolaus mit 17 Registern auf zwei Manualen und Pedal erbaut.

Der Kirchenbau ist mit einfachen Jugendstil-Ornamenten über den Fenstern zur Tulpenhofstraße verziert. Das hohe, abgeknickte Walmdach bedeckt alle vier Dachseiten. Der Turm mit Windhahn steht zur Geleitstraße hin. Das Portal wird von kannelierten Säulen gestützt und hat ein Kupferdach sowie kupferbeschlagene, ornamentierte Türen. Im Tympanon über dem Portal befindet sich ein Arche Noah-Relief des Bildhauers Ernst Riegel.

Die Kirche wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und bis 1952 wiederaufgebaut. Von 1983 bis 1987 fand eine Renovierung statt. Im Untergeschoss sind die ursprüngliche Raumaufteilung der Gemeinderäume, Holzvertäfelungen unter den Fenstern und das Treppenhaus mit Treppengeländer im Originalzustand erhalten. Im Jahr 1992 wurde ein Aufzug eingebaut.

Foto: Rolf Oeser
Foto: Rolf Oeser

Der Kirchenraum wurde im Zuge des Wiederaufbaus verändert. Die holzvertäfelte Decke wurde durch eine glatt verputzte Rabitzgewölbedecke ersetzt. Die ornamentalen Wandgemälde wurden nicht wieder rekonstruiert. Stattdessen wurde die glatte Chorwand hinter dem Altar mit christlichen Symbolen nach einem Entwurf des Schriftkünstlers Rudolf Koch (1876-1934) geschmückt, der Gemeindemitglied und Kirchenvorsteher war.

Die drei Symbole rechts neben einem einfachen Kreuz stellen dar: Krippe, Kelch und Brot, Sarg mit geöffnetem Deckel als Zeichen für die Auferstehung. Links neben dem Kreuz ist eine Schlange am Kreuz zu sehen (mit Jesu Tod erledigt sich auch die Sünde), ein Zeichen für die 10 Gebote und das Auge der Dreieinigkeit. Über dem Kreuz ist eine Krone - die Krone des Lebens - abgebildet.

Die Fenster im Kirchenschiff wurden bis 1952 mit Motiven von Rudolf Koch gestaltet, die Geschichten aus dem Neuen Testament darstellen. Koch schuf auch den Schriftteppich neben der Kanzel mit dem ersten Teil der Schöpfungsgeschichte aus dem Ersten Buch Mose.

Die Jugendstil-Altargeräte wurden von Ernst Riegel entworfen: Kanne, zwei Kelche, Brotschale sowie Klingelbeutel. In der Werktagskapelle steht ein von Rudolf Koch gestiftetes Kruzifix. Das erste Geläut im Turm wurde im Ersten Weltkrieg eingeschmolzen. Das zweite Geläut aus vier Glocken von 1925 blieb erhalten, da Rudolf Koch es beschriftete und beim Guss mit seinen Schülern dabei war. So stehen die von ihm beschriebenen Glocken unter Denkmalschutz.


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Autorin

Stephanie von Selchow ist Redakteurin des EFO-Magazins.

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