Eine Broschüre hilft: So geht Feiern mit Muslimen
Als Ulrike Schweiger, Pfarrerin in Frankfurt-Höchst, vor acht Jahren zum ersten Mal um eine christlich-islamische Trauung gebeten wurde, wälzte sie erst einmal kirchenrechtliche und theologische Literatur, sprach mit Dekanin und Pröpstin, recherchierte im Internet. Doch konkrete Ratschläge fand sie kaum. Sie traf dann aber einen Imam, der dem Anliegen offen gegenüber stand, und gemeinsam erteilten die beiden Geistlichen dem Paar den Segen.
Schweiger traute 2011 ein weiteres christlich-islamisches Paar, und sie geht davon aus, dass es nicht das letzte gewesen sein dürfte. „Gerade in Frankfurt sind wir mit dem Bedürfnis nach gemeinsamen religiösen Feiern konfrontiert, ob wir wollen oder nicht“, bringt sie ihre Erfahrungen auf den Punkt.
Theologische Grundlegungen und konkrete Beispiele
Es geht dabei nicht um Trauungen. Auch bei anderen religiösen Themen stellt sich immer öfter die Frage nach christlich-islamischer Kooperation. Um das Thema weiter zu verfolgen, hat das Zentrum Ökumene der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau jetzt eine Orientierungshilfe herausgegeben, an der auch Pfarrerin Schweiger mitgearbeitet hat. Unter dem Titel „Lobet und preiset! Religiöse Feiern mit Menschen muslimischen Glaubens“ bietet es auf achtzig Seiten theologische Grundlegungen sowie viele konkrete Beispiele dafür, wie Trauungen, Bestattungen, religiöse Feiern in Krankenhäusern, Gefängnissen oder zu öffentlichen Anlässen gestaltet werden können.
Zum Beispiel werden christliche Gefängnisgottesdienste häufig auch von Muslimen besucht. Deshalb ist es sinnvoll, dabei biblische Texte mit entsprechenden Aussagen im Koran in Beziehung zu setzen, oder die muslimischen Gäste einzuladen, Koranverse zu lesen.
Ein anderes in der Handreichung beschriebenes Beispiel ist die Beerdigung des ehemaligen Geschäftsführers der Christlich-Islamischen Gesellschaft, Klaus Schünemann. Hier drückte die Einhüllung des Leichnams in ein Tuch seine Verbundenheit mit dem Islam aus, die während der Trauerfeier brennenden Kerzen des siebenarmigen Leuchters die mit dem Judentum. Zudem wurde der Sarg von Muslimen zum Grab getragen, wo der Verstorbene dann nach katholischem Ritus beigesetzt wurde.
Manche befürchten, die eigene Identität aufzugeben
Pfarrerin Susanna Faust Kallenberg, die interreligiöse Beauftragte des Zentrums Ökumene, erlebt es häufig, dass Pfarrerinnen und Pfarrer unsicher sind, wie weit sie bei gemeinsamen Feiern gehen können. Manche haben Angst, zu viel von der eigenen Identität aufzugeben, oder sie wissen nicht genau, wie solche Zeremonien zu bewerkstelligen sind. Als Leiterin der vierköpfigen Projektgruppe achtete Faust Kallenberg darauf, diesbezügliche Unsicherheiten auszuräumen. Bei Eheschließungen etwa seien sich Protestanten und Muslime eigentlich sehr nah: Beide sehen in der Ehe ein „weltlich Ding“ und kein religiöses Sakrament, wie der Katholizismus.
Die Handreichung sei keine theologisch verbindliche Positionierung der Landeskirche, betont der Leiter des Zentrums Ökumene, Pfarrer Detlev Knoche. Er hofft aber, dass sie zu weiterführenden Debatten anregt. Wie hilfreich die Vorschläge in der Praxis sind, soll in drei bis vier Jahren evaluiert werden.
Auf jeden Fall werde der Beratungsbedarf wegen der steigenden Anzahl gemischtreligiöser Familien wachsen, ist Knoche überzeugt. Das hat im Grunde bereits der große Zuspruch bestätigt – die erste Auflage von 800 Exemplaren war innerhalb kurzer Zeit vergriffen. Das Heft kann für 5 Euro bestellt oder von der Website des Zentrums heruntergeladen werden: Telefon 069 97651811 oder www.zentrum-oekumene-ekhn.de.