Selbst ernten: Wildkräuter gibt's auch im Niddapark
Der Niddapark in Frankfurt lädt zum Joggen, Radfahren und Entspannen ein. Was die wenigsten wissen: Wer richtig schaut (und schnüffelt), entdeckt auch Massen an frischem Bärlauch. Das Wildkraut erfreut sich schon länger großer Beliebtheit, vom Bärlauch-Pesto in der WG-Küche bis zum Salatöl im Sternerestaurant ist das regionale Gewächs ein echter Superstar.
Stephanie König ist Pflanzenheilkundlerin und im Evangelischen Frauenbegegnungszentrum EVA in der Saalgasse zu Gast. Zu ihrem Workshop gekommen sind Frauen, die sich im Alltag vielleicht nicht begegnet wären: Junge Frauen und Rentnerinnen, Frauen mit Wurzeln in Afghanistan oder Iran sowie gebürtige Frankfurterinnen.
Was sie eint: Die Freude daran, etwas Neues zu lernen und gemeinsam zu kochen. Da es April ist, geht es ohne Bärlauch nicht. „Bärlauch ist ein echtes Wunderkraut“, sagt Stephanie König und reicht kleine, fast wie Knoblauch duftende Sträußchen herum.
„Wildkräutersammeln in der Stadt“ heißt der Workshop, er gehört zu einer Reihe namens „Kostbare Kommunikation“. Der Gedanke sei, „Frauen aus verschiedenen Kontexten und Herkunftsländern auf Augenhöhe zusammenzubringen“, erklärt Mechthild Nauck, die Leiterin des Frauentreffs.
Selbst ernten liegt im Trend – ob auf Bauernhöfen am Stadtrand, im eigenen Garten oder am Straßenrand. Viele Pflanzen sprießen als Unkraut überall, wo Erde herumliegt. Aus Parks rupfen ganze Familien frisches Grün: Bärlauch, Löwenzahn, Sauerampfer, Rauke. Daraus lassen sich angesagte Gerichte zaubern. Bärlauchbrot mit Gänseblümchenquark, Löwenzahnbutter oder Sauerampferpesto.
In der Grillsaison kommt es bestens an, so etwas auf den Tisch zu stellen. Das Interesse am Kräutersammeln passt zum Zeitgeist, einer allgemeinen Rückbesinnung zum Ursprünglichen, dem Trend zu einem nachhaltigen und regionalen Lebensstil, zu Urban Gardening und dem Comeback des Schrebergartens.
Aber ist es wirklich gesund, etwa auf einer Wiese zu sammeln, über die Hunde und Stadtfüchse streifen, die von Autoabgasen überströmt wird oder die einige Jahre zuvor vielleicht noch ein Industriegelände war?
Auch um solche Fragen geht es, als Stephanie König erst die Vogelmiere, dann Brennessel und Löwenzahn zeigt und zum Probieren anbietet. „Hmmmm“, tönt es durch den Raum, denn die Aromafülle einer als Unkraut verschrienen Pflanze kann enorm sein. Löwenzahn, erklärt König, glänze etwa durch einen hohen Gehalt an Vitamin A, C und K. Die enthaltenen Bitterstoffe seien gut für Darm und Blutzuckerspiegel. Brennnesselwickel seien perfekt für Bandscheibenprobleme, wenn man sich traue.
Den Teilnehmerinnen bereitet allerdings ein Parasit Sorgen: der Fuchsbandwurm, dessen Eier über den Kot infizierter Füchse in die Umwelt gelangen. Der Fuchsbandwurm ist nicht immer tödlich, sorgt beim Menschen aber oft für schwere Organschäden. Jedes Jahr gibt es in Deutschland etwa 50 bis 60 Neuinfektionen. Eine besondere Infektionsgefahr über Kräuter sei bisher aber noch nicht nachgewiesen, beruhigt Stephanie König. „Natürlich sollte man die Gefahr im Hinterkopf behalten, aber so allgegenwärtig, wie man vielleicht meint, ist sie nicht.“
Und die Autoabgase? „Das Problem hat man bei Freilandgemüse auch, Felder liegen ja häufig neben Landstraßen oder Autobahnen. Aber Feinstaub kann man abwaschen.“ Problematischer schätzt sie ein, dass auf städtischem Grün gern Hunde unterwegs sind. Deren Urin oder Kot lasse sich zwar ebenso abwaschen, aber appetitlich seien solche Kräuter dann nicht mehr. „Daher rate ich, eher Wiesen anzusteuern, die weiter ab von der Straße liegen, oder am besten, in den Wald zu gehen.“
Schadstofffrei sind jedenfalls die Kräuter, aus denen die Gruppe im Anschluss gemeinsam Pesto und Frischkäse herstellt – und zu frischen Pellkartoffeln gleich genießt.
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