Rettungsring – wenn die Stimmung „landunter“ ist
Manchmal geht nichts mehr – „landunter“ – und genauso heißt auch die neue Website der Mailseelsorge der Jugendkulturkirche sankt peter. „Seelsorge“ gehörte von Anfang an zum Konzept der 2007 eröffneten Jugendkulturkirche in der Frankfurter Innenstadt. Da der Zulauf zu dem primär von Ehrenamtlichen getragenen Angebot vor Ort gering war, „ist das relativ schnell zu online geworden und ins Laufen gekommen“, erzählt Julia Piretzis, die seit zwei Jahren als Teamleitung Seelsorge bei sankt peter arbeitet und diese neue Website aufgebaut hat. Als sie in dieser Position begann, habe sie sich erstmal bundesweit schlau gemacht, was es in dem Bereich für Jugendliche und junge Erwachsene gibt, erzählt die 28 Jahre alte Theologin, die bewusst dieses Berufsfeld ausgewählt hat. Vor neun Jahren hat sie als Ehrenamtliche bei Sankt Peter angefangen, jetzt ist es ihr Job.
Sankt Peter bietet eine intensive Ausbildung, 40 Stunden umfasst der drei Monate dauernde Kurs, der mit einem Zertifikat zur ausgebildeten „Mailseelsorger*in“ abschließt. „Das hat schon einigen bei der Jobbewerbung geholfen“, erzählt Piretzis. Auch nach dem Kurs werden die Ehrenamtlichen nicht allein gelassen, sie steht als Ansprechpartnerin zur Verfügung, alle sechs Wochen findet Supervision statt.
Zwischen 19 und 30 Jahre alt sind die 20 Ehrenamtlichen, die sich aktuell engagieren, erläutert Piretzis, manche befinden sich noch in der Ausbildung, andere stehen schon im Beruf. Die Mailseelsorge ist ein Ehrenamt, das überregional fortgeführt werden kann – und das geschieht auch nach dem Umzug in Richtung erster Job, während eines Auslandssemesters – eine Ausnahme, die meisten Ehrenämter können nach einem Ortswechsel nicht fortgeführt werden.
Chatseelsorge, speziell für Jugendliche und junge Erwachsene, gebe es manche, so Julia Piretzis. E-Mailseelsorge sei davon zu unterscheiden. Bei Chats wechselten oft die Ansprechpartner:innen, bei der Mailseelsorge von sankt peter entstünden Tandems. Die Zusage lautet „innerhalb von 48 Stunden gibt es eine Antwort“. Dass die Rückmeldungen nicht umgehend in die Chattastatur getippt werden, habe auch Vorteile, „beide Seiten haben noch mal Zeit zum Luftholen, Nachdenken“, äußert Julia Piretzis. Für akute Notsituationen wie Suizidgedanken verweist „landunter“ auf der Website direkt auf entsprechende Stellen bei Telefonseelsorge oder Krisen-Chats, die 24/7 zur Verfügung stehen.
Der Austausch ist wie bei der Telefonseelsorge kostenlos. Anonymität wird auch bei der E-Mailseelsorge zugesichert: Die E-Mailadressen werden nicht sichtbar, die Anmeldung läuft über die Website https://landunter.org/, die Kontaktsuchenden und ihr Gegenüber treten über „Nicknames“ in Verbindung. Manchmal werde beim zweiten oder dritten Austausch deutlicher, woher eine Person komme, „Liebe Grüße aus ...“, erzählt Piretzis, Details würden erwähnt, aber darum gehe es nicht.
Rund 80 Personen nutzten pro Jahr das Angebot, viele mehrfach, manche tauchten auch nach längeren Pausen wieder auf, wenn Not herrscht. Im Laufe der Mailwechsel entsteht Vertrauen.
Die ersten Nachrichten kommen direkt bei Piretzis an, sie überlegt dann, welche Ehrenamtliche, welcher Ehrenamtliche dafür geeignet sein könnte, „die bringen ja auch ihre Geschichte mit“, beispielsweise jemandem, der, die sich gerade in einer Trennungssituation befindet, will sie nicht unbedingt eine Mailanfrage voller Liebeskummer vermitteln, sie wäge ab, sagt die Teamleiterin, „es muss passen“.
Zur Mailseelsorge-Website landunter >> landunter.org