Leben & Alltag

Ostern: Glaube geht durch den Magen

Frühlingsbeginn und Ostern haben dieselbe Botschaft: Stillstand und Starre weichen dem Wachsen, Blühen und Gedeihen. Das zeigt sich auch auf dem Esstisch.

Wenn es am Gründonnerstag Grüne Soße gibt, Maultaschen oder Spinat mit Kartoffeln und Eiern, spiegelt sich darin einerseits die vorchristliche Vorstellung, sich mit Kräutern die Lebens- und Heilkraft des Frühlings einzuverleiben. Andererseits nehmen die Gläubigen in der Feier der Eucharistie die heilende Kraft Christi in sich auf.

Wie man christliche Kirchen gerne auf alten Tempeln errichtete, so wurden altbekannte Speisen auf Ostern hin umgedeutet. Das Ei wird auch unabhängig vom Christentum als Symbol für den Beginn neuen Lebens verstanden, und die Färbung ist lange vor unserer Zeitrechnung bekannt. Als Osterei steht es gleichermaßen für Tod und Auferstehung: Die geschlossene Schale symbolisiert das Eingeschlossensein Jesu im Grab; am Ostermorgen wird die Schale von innen durchbrochen, wie wenn ein Küken schlüpft – Jesus ist auferstanden.

Auch der Hase ist schon seit der Antike Sinnbild von Lebenskraft, Lebensfreude, Wiedergeburt und Auferstehung. Als Osterhase versinnbildlicht er die Auferstehung Christi und das neue Leben. Das Osterbrot erinnert mit seiner runden Form, der goldgelben Farbe und dem gelblichen Teig an eine Sonne: Christus ist das Licht der Welt. Mit Rosinen und anderen getrockneten süßen Früchten sowie Nüssen erinnert es andererseits an ein Früchtebrot, das in der Hoffnung auf ein fruchtbares Jahr und eine gute Ernte verspeist wird.

Auch das Lamm gehört ins Frühjahr, als Osterlamm verkörpert es Christus und den Glauben an die heilschaffende Bedeutung des Todes Jesu und seiner Auferweckung: Jesus hat unschuldig den Tod auf sich genommen, um den Menschen die Folge ihres bösen Tuns zu ersparen, und hat in seiner Auferstehung den Tod besiegt, der nun seine Macht verloren hat.

Die Gläubigen verinnerlichen die Heilsgeschichte also nicht nur im Gottesdienst, sondern auch am Mittagstisch. Das gilt ebenso für den Fisch am Karfreitag, der als urchristliches Symbol für Jesus Christus, den Sohn Gottes, den Retter steht, aber mit dem Frühling eher nichts zu tun hat.


Autor

Wilfried Steller 51 Artikel

Wilfried Steller ist Theologischer Redakteur von "Evangelisches Frankfurt und Offenbach" und Pfarrer in Frankfurt-Fechenheim.

0 Kommentare

Zu diesem Artikel wurden noch keine Kommentare verfasst. Schreiben Sie doch den ersten.

Artikel kommentieren

Wir freuen uns, wenn unsere Beiträge zu Diskussion und Austausch beitragen. Dabei bitten wir, auf angemessene Umgangsformen zu achten und die Meinung anderer zu respektieren. Bei Verstößen gegen unsere Netiquette-Regeln behalten wir uns vor, Kommentare nicht zu veröffentlichen.

Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder.

Errechnen Sie die Summe der dargestellten Zahlen
Captcha =