Mobile Kinderkrankenpflege: für Lorenz* gehört sie zum Alltag
Ines Grün schlüpft in einen zitronengelben Kittel, streift sterile Handschuhe über, öffnet eine sterile Packung und zieht eine Unterlage heraus. Die FFP-2-Maske gehört ebenso zu ihrer Grundausstattung wie die blauen Überzieher über den Schuhen. Ines Grün ist examinierte Kinderkrankenschwester und gerade auf Hausbesuch bei Lorenz (*Name geändert). Sie leitet einen ganz speziellen Pflegedienst: Die Mobile Kinderkrankenpflege der Diakonie Frankfurt und Offenbach.
Nährstofflösung im Rucksack
Während Grün Glasfläschchen mit acht verschiedenen Medikamenten bereitstellt, löst Lorenz Mathe-Hausaufgaben. Was die Kinderkrankenschwester in seinem Kinderzimmer vorbereitet, ist nicht weiter spannend, das kennt der Zehnjährige schon. Aber als sie erzählt, dass sein Dünndarm stark verkürzt ist, weil sich wenige Wochen nach der Geburt ein Gefäß darum schlang, sagt Lorenz: „Das war blöd“. Über seinem Stuhl hängt eine „Sling-Bag“ mit Infusion. Die versorgt ihn während der Schulzeit, weil er wegen des kurzen Darms nicht genügend Nährstoffe aufnehmen kann. Ein größerer Rucksack steht bereit, gegen Abend wird Lorenz ihn aufziehen, die 1,3 Liter Infusion versorgen ihn dann über 20 Stunden mit allem, was er braucht.
Sport, Kunst und Sachkunde
Katze Rubi kommt rein und Lorenz‘ Schwester, die mit ihren Hausaufgaben zu ihm umzieht. Die Geschwister besuchen die Grundschule, im Sommer steht der Wechsel in die weiterführende Schule an. „Sport und Kunst“ sagen sie beide auf die Frage nach ihren Lieblingsfächern.
Weißer Dampf auf dem Sitzsack
Ines Grün bereitet derweil das Inhalationsgerät vor, Zeit für Lorenz, auf den blauen Sitzsack zu wechseln. Den salzigen Dampf aus dem Inhalator zieht er mit dem Mund ein und befeuchtet so die Lunge zum Schleimlösen. Weißer Dampf qualmt aus dem Gerät, sobald er das Mundstück loslässt. „Jeden Tag bildet sich Schleim wie bei einer Bronchitis“, sagt Mutter Stephanie T., „wir haben mehrere Baustellen, der Husten und das regelmäßige Inhalieren sind nur eine davon.“ Lorenz hat wenig Zeit – zwei Mal in der Woche erhält er Lymphdrainage, einmal pro Woche kommt die Krankengymnastin wegen der Mukoviszidose, alle drei bis vier Wochen geht er zur Blutentnahme in die Klinik. Und jeden Tag, außer am Wochenende, „kommt die Mobile Kinderkrankenpflege, um Lorenz zu versorgen, was mich sehr entlastet,“ sagt Stephanie T.
Das hat gut geklappt
Lorenz und Kinderkrankenschwester Ines Grün sind ein eingespieltes Team, sie kennen sich seit zehn Jahre. Lorenz hilft bei der Pflege, wo er kann, „wir legen großen Wert darauf, dass die Kinder selbstständig werden und leiten sie altersgerecht an, wenn sie es möchten“, sagt Ines Grün, während Lorenz weiter inhaliert und Atemübungen macht, um Schleim abzuhusten: „Das hat richtig gut geklappt“, sagt er stolz.
Alles muss beantragt werden
Für 17 Stunden pro Woche hat die Kinderärztin den Einsatz der Mobilen Kinderkrankenpflege der Diakonie verordnet. Die Krankenkasse entscheidet regelmäßig, ob die verordneten Leistungen noch bezahlt werden, sagt Lorenz‘ Mutter. Und: „Schwester Ines Grün und ihre Kolleginnen müssen alles genau dokumentieren, damit die Leistung weiterhin übernommen wird.“ Ob Spülspritzen oder sterile Handschuhe – alles muss bei der Krankenkasse beantragt werden. Stephanie T. sagt: „Wir sind auf ein gut funktionierendes System angewiesen. Ich mache die Anträge mit Schwester Ines Grün im Team. Sie hat unwahrscheinlich viel Wissen, was dies betrifft.“
Mütter und Väter werden angelernt
Stephanie T., die zwei Mal in der Woche arbeiten geht, ist hineingewachsen in eine Materie, die ihr vorher fremd war. Gleich nach Lorenz‘ Geburt wurde sie von den Kinderkrankenschwestern der Diakonie angelernt: „Ohne diese gute Mobile Kinderkrankenpflege hätte ich mein Baby gar nicht aus der Klinik mit nach Hause nehmen können“, sagt sie. Bei einem Kind mit so einer seltenen lebensverkürzenden Grunderkrankung ist sie „auf die extrem gute Arbeit und den reichen Erfahrungsschatz der Mobilen Kinderkrankenpflege angewiesen.“ Inzwischen ist die 45-Jährige selbst sehr erfahren, die Nummer des Bereitschaftshandys, auf dem sie die Mobile Kinderkrankenpflege rund um die Uhr erreicht, wählt sie nur noch dann, wenn Lorenz akut ins Krankenhaus muss.
Ein Notfallhandy für alle Fälle
Auch Lorenz hat ein Notfallhandy dabei, so kann er beispielsweise von einem Kindergeburtstag aus direkt den Bereitschaftsdienst der Mobilen Kinderkrankenpflege anrufen, wenn er Hilfe braucht. Morgen kommt die Mobile Kinderkrankenpflege zu ihm in die Schule. Zweimal in der Woche stöpselt die Kinderkrankenschwester in der Schulbetreuung mit wenigen Handgriffen die Infusion ab. Dann kann Lorenz frei spielen. Vier Stunden am Tag hat er dafür Zeit.
Zum Hintergrund:
Die Mobile Kinderkrankenpflege der Diakonie Frankfurt und Offenbach
Seit mehr als 40 Jahren versorgt die Mobile Kinderkrankenpflege kranke und pflegebedürftige Kinder in Frankfurt und Umgebung. Akut erkrankte Kinder unterstützen die examinierten Kinderkrankenschwestern ebenso wie chronisch kranke und lebensverkürzend erkrankte Kinder und ihre Familien.
Voraussetzung ist eine Verordnung der Kinderärztin. Die Leistungen reichen von Infusionen und Injektionen über Verbandswechsel und Katheterisieren der Harnblase bis hin zum Legen von Magensonden. Für die Versorgung von Kindern mit Diabetes Typ I kommen die Kinderkrankenschwestern auch in Kindergärten und Grundschulen.
Die Arbeit der Mobilen Kinderkrankenpflege der Diakonie trägt dazu bei, die Familien von kranken und beeinträchtigten Kindern zu entlasten, die Zahl der Krankenhausaufenthalte zu reduzieren und die Integration in Kindertagesstätten, Schulen und Horte zu fördern. Sie wird von der Stadt Frankfurt am Main mit maßgeblicher Unterstützung der Cronstett- und Hynspergischen evangelischen Stiftung zu Frankfurt am Main und der Diakonie Frankfurt und Offenbach gefördert.
Kontakt, auch für interessierte Kinderkrankenschwestern: Pflegedienstleitung Ines Grün, Telefon 069 45 20 60, E-Mail: mobile.kinderkrankenpflege@diakonie-frankfurt-offenbach.de