Wenn die Erzieherin Manuela auf einmal Felix heißt: Transgender kann ganz einfach sein
Es ist ein Tag im Januar, an dem Manuela Mayer den Kindern in einer ruhigen Ecke des Philippus-Kindergartens im Riederwald ein Bilderbuch vorliest. Es handelt von dem unglücklichen Teddy Thomas, der lieber Tilly heißen und eine Teddybärin sein möchte.
Nach der letzten Buchseite wird auch im wirklichen Leben alles anders: „Auch ich weiß schon immer, dass ich eigentlich ein Junge bin. Ich mag und kann kein Mädchen mehr sein. Ab heute bin ich ein Mann.“ Und so wird aus Manuela Mayer vor den Augen der Kinder Felix Manuel Mayer.
Schon als Kind hat Mayer auf die Frage nach seinem größten Wunsch stets geantwortet: „Ich will ein Junge sein.“ Anlässe, bei denen er Kleid oder Rock tragen musste – Kommunion und Tennis – beschreibt Mayer heute als „Horror“. Doch das Thema „Transgender“ schiebt er lange von sich weg, wird Montessori-Pädagogin, Leiterin im KiFaz Riederwald. 46 Jahre lang ist vieles gut – wäre da nicht der Körper einer Frau.
Doch als im Herbst 2016 in der „Lindenstraße“ eine Transfrau über ihre Gefühle spricht, bricht es aus ihm heraus: Tränen, Selbsterkenntnis und vor allem die Worte an die Ehefrau: „Ich bin ein Transmann.“
Kann man Kindergartenkinder damit konfrontieren? Der erste, den Felix Mayer einweiht, ist Pfarrer Fred Balke, Mayers Vorgesetzter: „Ich hatte das Gefühl, dass er so etwas geahnt hat. Und tatsächlich hat er sehr offen reagiert.“
Den Kita-Eltern schreibt Mayer einen Brief. Eine Mutter fragt, ob die Kinder jetzt nicht denken, man könne sich das Geschlecht einfach aussuchen. „Nein, eben nicht. Ich habe es mir doch nicht ausgesucht, ein Mann zu sein.“
Felix Mayer beendet die Teddy Tilly-Vorleserunde mit den Worten: „Ich würde mich freuen, wenn ihr ab jetzt alle Felix zu mir sagt.“ Da recken sich winkende Kinderärmchen in die Höhe, und es ruft aus allen Mündern: „Hallo Felix!“ Seitdem ist „Manuela“ kein Thema mehr bei den Kindern.