Leben & Alltag

Endlich. Über Trauer reden.

Die Autorinnen Caroline Kraft und Susann Brückner widmen sich dem Sterben und Trauern. Nah und ehrlich beschreiben sie eigene Erfahrungen mit dem Tod geliebter Menschen, sezieren ihre Verzweiflung, nehmen die Lesenden mit in die ambivalente Gefühlswelt der Trauer.

Caroline Kraft und Susann Brückner: Endlich. Über Trauer reden. Wilhelm Goldmann Verlag 2022, 17 Euro, 240 Seiten.
Caroline Kraft und Susann Brückner: Endlich. Über Trauer reden. Wilhelm Goldmann Verlag 2022, 17 Euro, 240 Seiten.

Der Tod hat ein schlechtes Image, und das ist eigentlich schade. Schrieb doch schon Martin Heidegger, dass das Leben von Beginn an durch das Sterben geprägt wird. Dem „Sein zum Tode“ kann auch eine hochtechnisierte Medizin nichts anhaben. Dennoch schieben wir meist den Tod weg, behandeln ihn wie einen Dämon. Verbannen ihn aus unserem Alltag, ja aus unserer Gesellschaft.

Gerade in der Annahme der eigenen Endlichkeit aber steckt viel Potential. Freiheit zum Beispiel. Sie, die Endlichkeit, nimmt uns eine Beliebigkeit und schenkt uns gewissermaßen ein Selbstsein. Es lohnt sich, darüber nachzudenken. Mutieren wir nämlich zu Endlichkeitsverweiger:innen, was uns der ganze Optimierungswahn ja suggeriert, lauern Probleme: Wir können mit dem Sterben und auch mit der Emotion des Trauerns nicht mehr umgehen.

Die beiden Autorinnen Caroline Kraft und Susann Brückner widmen sich in ihrem neu erschienenen Buch „endlich. Über Trauer reden“ genau dem: Sterben und Trauern gehören zum Leben. Nah und ehrlich beschreiben die Autorinnen eigene Erfahrungen mit dem Tod geliebter Menschen. Sezieren ihre Verzweiflung, die sie nach den Verlusterfahrungen nahezu gelähmt hat. Nehmen die Lesenden mit in die ambivalente Gefühlswelt der „kaleidoskopischen Trauer“, so ein Begriff aus der Trauerforschung.

Das Buch erzählt von Mediziner:innen, die Trauer pathologisieren und als psychische Erkrankung labeln, und hat im Grunde eine Message: Dass das Ende des Lebens kein Tabu sein darf. Nicht für Sterbende und nicht für Hinterbliebene. Trauer ist keine Krankheit, sondern ein Prozess des Verabschiedens. Der Tod ist Teil unseres Lebens. Alles ganz normal also.

Kraft und Brückner, die auch in ihrem Podcast über all das und gemeinsam mit Gästen quatschen, benennen die Dinge klar, reden nicht um den heißen Brei herum. Das macht das Buch so wertvoll. Die Autorinnen bestärken uns, Verletzlichkeit zu zeigen und offen mit der Thematik umzugehen. Sie plädieren quasi für eine klare Kante dem Tod gegenüber, egal ob verbal oder emotional. Nur so, davon sind sie überzeugt, rücken wir das Sterben, und alles was dazu gehört, ins Rampenlicht der Aufmerksamkeit und holen es aus der Ecke des unpopulären Gesprächsstoffs heraus.

Wenn sich nämlich aus „Scheiße Liebe machen lässt“, wie eine Kapitelüberschrift behauptet, stehen die Chancen gut, aus einem Tabu wie dem Tod ein „hot topic“ zu machen. Heidegger würde sich freuen, und es wäre so etwas wie ein gemeinsamer gesellschaftlicher Nenner: Denn mit Sicherheit ist jede und jeder von uns mindestens einmal im Leben mit dem Tod konfrontiert.

Podcast: endlich. Wir reden über den Tod


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Angela Wolf 123 Artikel

Angela Wolf ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins. Sie wurde 1978 in Aschaffenburg geboren. Heute lebt sie in Frankfurt am Main, wo sie Soziologie, Politikwissenschaften und Psychoanalyse studierte.

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