Kunst & Kultur

Zum zehnten Geburtstag schmiedet der Interreligiöse Chor neue Pläne

„Ssimn tow umasl tow“ – Das ist hebräisch und bedeutet „Viel Glück und viel Segen“. Mit dem chassidischen Geburtstagsständchen feierte der Interreligiöse Chor Frankfurt, ein bundesweit einzigartiges Projekt für das Gespräch zwischen Judentum, Christentum und Islam, sein zehnjähriges Bestehen.

Jubiläumskonzert des Interreligiösen Chores Frankfurt mit Chorleiter Daniel Kempin (Vordergrund). | Foto: Rolf Oeser
Jubiläumskonzert des Interreligiösen Chores Frankfurt mit Chorleiter Daniel Kempin (Vordergrund). | Foto: Rolf Oeser

Die nächsten Projekte des Chors unter der gemeinsamen Leitung von Bettina Strübel, Kantorin der Mirjamgemeinde in Offenbach, und Daniel Kempin, Kantor des egalitären Minjan, einer liberalen Gemeinschaft in der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, sind schon geplant.

Bei einem Konzert am 22. November steht wie jedes Jahr ein Psalm im Mittelpunkt – dieses Jahr ist es Psalm 137. Darin geht es um die Zerstörung der Heimat, das Leben im Exil, aber auch um Rachegedanken: Jerusalem, die heilige Stadt der Juden, war im Jahr 586 vor Christus von den Babyloniern unter Nebukadnezar II. erobert und weitgehend zerstört worden.

„Orthodoxe Juden beten diesen Psalm dreimal am Tag“, erzählt Kempin. In der evangelischen Liturgie spiele er hingegen kaum eine Rolle, für muslimische Menschen seien die Sehnsucht nach Zion und Gedanken an Rache natürlich nicht einfach. „Abgesehen von der historischen Situation sind Vertreibung und Exil, aber auch Vergeltungsgedanken ja leider gerade sehr aktuell“, sagt Johan La Gro, Vorsitzender des Chorvereins. „In der letzten Chorprobe haben wir uns intensiv mit dem Rachegedanken auseinandergesetzt. Über solche Dinge müssen wir als trialogischer Chor natürlich sprechen.“

Eine Koransure, die mit dem 137. Psalm vergleichbar wäre, gibt es nicht. Deshalb wird ein alevitischer Musiker mit einem Ilahi, einem alevitischen Lied, zum Konzert beitragen. Seit der Coronazeit besteht ein guter Kontakt zu den Aleviten, deren Gemeinschaft ursprünglich aus der Türkei stammt. Der Chor hat die vergangenen beiden Jahre genutzt, fünf in Frankfurt ansässige Glaubensgemeinschaften zu besuchen. Videos sind im Netz zu finden.

Gespannt sein darf man auch auf ein neues Arrangement, das Bettina Strübel gerade in Auftrag gegeben hat. Sie hat recherchiert, dass der Pop-Song „By the rivers of Babylon“, in den 1980er Jahren durch die Gruppe Boney M. berühmt geworden, auf jamaikanischer Tradition beruht: Also wird ein Rastafari-Bekenntnis im November-Konzert zu hören sein.

Für das nächste Tehillim-Konzert mit Psalm 137 beginnt ab September die intensive Probenarbeit. Versierte Sängerinnen und Sänger jeder Glaubensrichtung sind willkommen. Anmeldung unter info@ircf-frankfurt.de. Das Konzert selbst findet dann am Mittwoch, 23. November, um 19.30 Uhr im Ignatz-Bubis-Gemeindezentrum Frankfurt, Savignystraße 66, statt. Am Donnerstag, 24. November, folgt in der Evangelischen Akademie Frankfurt, Römerberg 9, um 19.30 Uhr ein „Trialogisches Tehillim-Gespräch“.

Anfang 2023 wird es wieder Interreligiöse Chorateliers geben, in denen Interessierte in die Chorarbeit hineinschnuppern können. Die Termine werden auf der Homepage des Chores rechtzeitig bekannt gegeben: www.ircf-frankfurt.de


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Autorin

Stephanie von Selchow ist Redakteurin des EFO-Magazins.

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