Evangelischer Buchpreis für Milena Michiko Flasar
Suzu, eine junge Frau, lebt allein in ihrer Wohnung in einer japanischen Großstadt und schlägt sich als Kellnerin durch. Eine nähere Beziehung hat sie nur zu ihrem Goldhamster Punsuke. Doch dann nimmt sie eine Stelle als Leichenfundort-Reinigerin in einer Firma an, die sich auf Kondusha spezialisiert hat. So nennt man in Japan Menschen, die einsam in ihrer Wohnung sterben und lange Zeit von niemandem entdeckt werden.
Von ihrem großartigen Chef lernen Suzu und seine anderen Mitarbeiter, den Toten und ihren oft erschütternden Schicksalen achtsam zu begegnen, ihnen trotz Leichengestank, Ungeziefer und Unordnung ihre Würde zu lassen. Das wirkt sich nach und nach auch auf Suzus Umgang mit den Lebenden aus. Sie beginnt, zu Kollegen und Nachbar:innen in Beziehung zu treten, sich für sie zu interessieren, sich schließlich sogar um einen jungen Kollegen zu kümmern, als er krank wird.
Suzu erzählt mit trockenem Humor, nimmt sich selbst nicht zu wichtig, bleibt im Alltag verwurzelt. So gelingt es der japanisch-österreichischen Autorin Milena Michiko Flasar um die existenziellen Themen Leben und Tod, Alleine- und Zusammensein zu kreisen, ohne bedrückend und schwer zu werden. Dennoch hält sie der gleichgültigen Großstadt-Gesellschaft, und nicht nur der japanischen, glasklar den Spiegel vor.
Fast ein heiteres Buch, an manchen Stellen auch wundervoll poetisch. Jetzt ist es mit dem evangelischen Buchpreis 2024 ausgezeichnet worden, der mit 5000 Euro dotiert ist.
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