Kunst & Kultur

Fußabdruck des Klimawandels

Der Frankfurter Künstler Björn Drenkwitz hat sieben Meter hohe weiße Stoffbahnen mit UV-reaktiven Chemikalien getränkt, in hellem Sonnenlicht auf die Erde gelegt und abgestorbene Bäume darauf platziert: Direkt belichtet färbten sich die Tücher in einem intensiven Blau, während die toten Bäume sich fast leuchtend Weiß abzeichneten. Die Werke sind jetzt in der Praunheimer Auferstehungskirche zu sehen.

Der Künstler Björn Drenkwitz wollte seine jüngsten Arbeiten zum Klimawandel bewusst zuerst in einer Kirche ausstellen.  |  Foto: Heike Rost
Der Künstler Björn Drenkwitz wollte seine jüngsten Arbeiten zum Klimawandel bewusst zuerst in einer Kirche ausstellen. | Foto: Heike Rost

Cyanotopie nennt man die alte fotografische Technik, die sich besonders für große Fotogramme eignet. Vier solcher Cyanotopien von Björn Drenkwitz hängen jetzt in der Auferstehungskirche in Praunheim, rechts und links vom großen Holzkreuz über dem Altar. Unter dem Titel „Past and Future Forest“ gehören zu diesem Kunstwerk außerdem vier quadratische Bilder, die an den Seitenwänden hängen: Sie zeigen KI-generierte vergrößerte Bildausschnitte von Brandwolken. Ihr glühendes Rot entstand durch das als Brandhemmer rot eingefärbte Löschwasser, das Flugzeuge 2022 über Waldbränden in Frankreich und anderen Ländern Europas abwarfen.

Weit mehr als die Hälfte der europäischen Wälder ist durch Waldbrände, Windwurf, Insektenplagen oder eine Kombination dieser Faktoren gefährdet: Womit sonst als mit dem Klimawandel solle man sich jetzt beschäftigen, sagt Drenkwitz: „Der Klimawandel ist das drängendste Problem unserer Zeit.“ Der international bekannte Künstler bezieht oft naturwissenschaftliche, gesellschaftliche und politische Phänomene und Erkenntnisse in seine Arbeiten mit ein. Sie werden in Galerien und Museen ausgestellt; aber jetzt hat es Drenkwitz gereizt, die Arbeit „Past and Future Forest“ zunächst in einer Kirche zu zeigen. Dadurch kämen auch Menschen damit in Kontakt, die er sonst nicht erreichen könne, und der Diskurs zwischen Kunst und Kirche sei von alters her fruchtbar. Zudem lebt und arbeitet Drenkwitz in Praunheim, ist Mitglied der Lydiagemeinde (zu der die Auferstehungskirche gehört) und oft mit Pfarrer Holger Wilhelm im Austausch.

Die Ausstellung ist noch mindestens bis Weihnachten in der Praunheimer Auferstehungskirche zu sehen. | Foto: Heike Rost
Die Ausstellung ist noch mindestens bis Weihnachten in der Praunheimer Auferstehungskirche zu sehen. | Foto: Heike Rost

Bei der Ausstellungseröffnung bedankte Prodekanin Stefanie Brauer-Noss sich für die „faszinierende, uns in Frage stellende Ausstellung, die aber auch Hoffnung vermittle“. Die Kunsthistorikerin Ellen Wagner wies daraufhin, dass der Klimawandel abstrakt und schwer greifbar sei. Mit „Past and Future Forest“ habe Drenkwitz einen deutlichen „Fußabdruck“ der Veränderungen geschaffen: Die weißen, abgestorbenen Bäume seien spürbar angegriffen, verletzlich, fragil. Es seien Leerstellen im dringlichen, eindringlichen monochromen Blau. Dieses ziehe uns an, lasse aber auch Raum, strahle Wärme aus.

Pfarrer Holger Wilhelm sagte, solche Kunst gehöre als Mahnung für die Bedrohung der Schöpfung in die Kirche. Die Schöpfung schreie und wir täten zu wenig. Die Leerstellen der abgestorbenen Bäume müsse man aushalten, wie auch die Jünger aushalten mussten, dass Jesu Kreuz auf Golgatha und das Grab leer waren, bevor er am dritten Tage auferstand. Das Kunstwerk passe sehr gut in die Auferstehungskirche, in der das große Kreuz hinter dem Altar leer ist. In der Leere liege aber auch Hoffnung, könnten sich neue Perspektiven entwickeln. So verlören wir etwa durch Trockenheit die großen Fichtenwälder im Taunus, aber sie hätten ja nicht immer dort gestanden - früher seien es Urwälder gewesen. „Past and Future Forest“ – man dürfe die Hoffnung nicht aufgeben, dass der Wald sich transformieren könne. Vorzugsweise indem wir ihn in Ruhe lassen – Stichwort: Renaturierung.

Am 7. November findet ein weiteres Gespräch mit Björn Drenkwitz in der Auferstehungskirche statt. Weitere Aktionen sind noch in Planung. Die Ausstellung wird mindestens noch bis Weihnachten, möglicherweise auch noch in der Passionszeit bis Ostern zu sehen sein.

Ort: Auferstehungskirche Frankfurt-Praunheim, Graebestraße 8.

Aktuelle Infos auf der Homepage der Lydiagemeinde

Zur Homepage des Künstlers


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Autorin

Stephanie von Selchow ist Redakteurin des EFO-Magazins.

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