Gott & Glauben

Was ist Ostern?

Hätten die Jünger und Jüngerinnen nicht geglaubt, dass Jesus auferstanden ist, gäbe es kein Christentum. Selbst wenn die Auferstehung historisch gar nicht stattgefunden hätte: Bewegt hat sie unendlich viel. Aus diesem Grund sind Karfreitag und Ostern die „Doppelspitze“ des christlichen Kirchenjahres.

Foto: Matthew T. Rader / Unsplash.
Foto: Matthew T. Rader / Unsplash.

„Gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten“: Ohne Ostern wäre Jesu Tod am Kreuz – wie von den Religionsbehörden und den römischen Besatzern beabsichtigt – das Ende seiner Mission gewesen.

Zwar hat niemand gesehen, was am Ostermorgen in dem Felsengrab vorgegangen ist, in das man Jesus gelegt hatte. Aber es gibt andere Zeuginnen und Zeugen: Maria von Magdala hat mit dem auferstandenen Jesus gesprochen, der Jünger Thomas hat – sozusagen stellvertretend für uns – seine Hände in seine Wunden gelegt.

Paulus nennt in seinen Briefen weitere Menschen, die die Auferstehung bezeugen konnten. Das war offensichtlich Grund genug, das Geschehen für wahr zu halten. Der Glaube an die Auferstehung ist also historisch. Selbst wenn sie gar nicht stattgefunden hätte: Bewegt hat sie unendlich viel.

Da sie nur Gottes Werk sein konnte, wurde die Auferstehung als allerhöchste Bestätigung der Gottessohnschaft Jesu gewertet: Seine Botschaft ist damit autorisiert als Gottes Wort, und sein Sterben wird nicht als die Hinrichtung eines Unruhestifters betrachtet, sondern als freiwillige Selbsthingabe für die durch die Sünde von Gott getrennten Menschen.

Diese Deutung legt den Grund für ein neues Selbstverständnis: Die Ungerechten werden als Gerechte angesehen und finden Einlass in die unverbrüchliche Gottesgemeinschaft, wo sie in der Perspektive der Ewigkeit leben.

Mit Ostern verbindet sich daher das christliche Lebensgefühl: In einer Welt, die vom Bösen und vom Untergang gezeichnet ist, wissen sich Christen und Christinnen in Gottes Liebe und Gnade getragen, zu Hoffnung und Zuversicht berufen und zum Aufstehen für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung ermutigt. Darüber hinaus hoffen sie, zu jenem Volk Gottes zu gehören, das nach der Auferstehung der Toten in einer gänzlich ungebrochenen Gemeinschaft mit ihm lebt.

Ostern macht aus Jesu Leben und Sterben das Heil für die Welt. Aber es ist nicht ohne den Karfreitag denkbar, wie umgekehrt der Karfreitag ohne Ostern sinnlos bliebe. Beide Tage bilden gemeinsam die Doppelspitze des christlichen Kirchenjahres.


Schlagwörter

Autor

Wilfried Steller 51 Artikel

Wilfried Steller ist Theologischer Redakteur von "Evangelisches Frankfurt und Offenbach" und Pfarrer in Frankfurt-Fechenheim.