Gott & Glauben

Mystik und Widerstand

Veranstaltungsreihe der Stadtkirchenarbeit in der Sankt Katharinenkirche an der Hauptwache greift vom 5. bis 23. November verschiedene Blickwinkel auf.

"Refrakto" in der Katharinenkirche  |  Foto: Felix Volpp
"Refrakto" in der Katharinenkirche | Foto: Felix Volpp

Von Dienstag, 5., bis Samstag, 23. November 2024, geht es in einer Reihe der Stadtkirchenarbeit in der Sankt Katharinenkirche an der Hauptwache um das Thema „Mystik und Widerstand“.

Mystik und evangelisch? Ein Begriffspaar, das erst einmal nicht zusammen zu passen scheint. Beim Begriff „Mystik“ werden landläufig eher katholische Frömmigkeit, Esoterik und fernöstliche Meditation assoziiert. Und dann dazu der Begriff „Widerstand“ – wie passt das zusammen? Stadtkirchenpfarrer Olaf Lewerenz will mit dieser Reihe dazu anregen, den Zusammenhang von beidem näher zu betrachten.

Um Hildegard von Bingen geht es beim Auftakt am 5. November, 19.30 Uhr. Glaube und Engagement sind am 13. November, 19.30 Uhr, Thema bei einem Gespräch mit der früheren Pröpstin für Rhein-Main Gabriele Scherle, der Politologin und Publizistin Saba-Nur Cheema und Julian Pannen von „Fridays for Future“. Am 19. November, 19.30 Uhr, steht Dorothee Sölle (1919-2003) im Mittelpunkt, die in ihren letzten Jahren immer stärker die Mystik als treibende Kraft für gesellschaftspolitisches Engagement erkannt hat, der Flötist Sebastian Wittiber wird dazu Werke von André Jollivet spielen.

Die Klang-Licht-Performance Refrakto 2, bei der die Kopenhagener Künstler Den Sorte Skole und Vertigo in einen Dialog mit dem Organisten Martin Lücker treten, bildet am Freitag, 22. November, 20 Uhr, und Samstag, 23. November, 19 und 21 Uhr, den Abschluss der Reihe.

Weitere Informationen zum Projekt „Mystik und Widerstand“ finden sich unter >> www.st-katharinengemeinde.de

Tickets zu den Veranstaltungen gibt es bei >> www.frankfurtticket.de .

Stadtkirchenpfarrer Olaf-Lewerenz im Altarraum der Sankt Katharinenkirche I Foto: Martin Krauß
Stadtkirchenpfarrer Olaf-Lewerenz im Altarraum der Sankt Katharinenkirche I Foto: Martin Krauß

Stadtkirchenpfarrer Olaf Lewerenz im Interview

Warum tun sich Protestantinnen und Protestanten oft so schwer mit Mystik?
Lewerenz: Es klingt halt wenig rational und ziemlich katholisch.

Wie sieht das Verhältnis von Mystik und Spiritualität aus?
Lewerenz: Mystik ist für mich eine besonders intensive Form von spirituellem Erleben.

Die Theologin Dorothee Sölle hat in ihren späten Jahren Mystik und Widerstand vermehrt zusammengedacht, was lässt sich heute daraus noch lernen?
Lewerenz: Dass sich Glaube und Engagement ergänzen, vielmehr das eine aus dem anderen hervorgeht, das ist zeitunabhängig. Unser Engagement hingegen ist immer zeitgebunden. Und als Protest gegen die Stationierung von Waffen gemeinsam ein Vaterunser zu sprechen, wie Dorothee Sölle das berichtet, ist heute so nicht mehr unbedingt angesagt. Das kann für mich noch ein Kraftmoment sein, aber für andere vielleicht nicht mehr.

Von Mystik ist es nicht weit zu Esoterik, worin liegt der Unterschied?
Lewerenz: Geht es nur um mich und eine Kraft, die Eingeweihten zugänglich wird, dann handelt es sich um Esoterik, oder geht es um eine Lebenshaltung und Glaubenserfahrung, die auf die Welt abstrahlt, dann würde ich von Mystik sprechen.

Rechte Verschwörungstheoretiker und entsprechende Praktiker berufen sich auf Mythen und begründen damit ihren Widerstand gegen Staat und Demokratie. Hilft dagegen nicht nur Rationalität und Rechtsstaat?
Lewerenz: Wir merken, dass wir mit Rationalität Menschen häufig nicht mehr erreichen. Ich sage jetzt mal: wenn ich von etwas berührt bin, muss, darf ich meinen Verstand nicht abschalten. Aber aus meinen Augen, meiner ganzen Haltung heraus muss erkennbar werden, dass mir etwas wichtig ist, dass ich für etwas stehe. Und ich sollte auch Rechenschaft davon ablegen können, warum mich etwas berührt, mein Engagement hervorruft.

Worin liegt gerade aktuell die Stärke des Themas „Mystik und Widerstand“?
Lewerenz: Viele politische/gesellschaftliche Diskussionen erlebe ich als geistlosen Schlagabtausch. Wenn ich von etwas berührt bin, dann engagiere ich mich mit meiner ganzen Persönlichkeit für etwas, sei es für das Klima, sei es für Frieden, sei es gegen Hass…

Welche Bedeutung hat die Licht- und Toninszenierung Refrakto in dem Rahmen?
Lewerenz: Refrakto ermöglicht ein Fallenlassen in Klang und Licht um aufzutanken. Um mich zu engagieren, brauche ich Kraftquellen der Ruhe und der Konzentration, um neu durchstarten zu können.


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Bettina Behler 342 Artikel

Bettina Behler, Medieninformation Evangelische Öffentlichkeitsarbeit Frankfurt und Offenbach