Mit Frau Kirch in die Kirche (5): Getragen vom großen Ganzen
Kirche, das ist für die Biologin Angela Schmidt vor allem eines: Musik. Kein Zufall also, dass unser gemeinsamer Gottesdienst eine Bachvesper ist, noch dazu eine besondere: In der Katharinenkirche an der Frankfurter Hauptwache wird an diesem Samstag mit „Meine Seele erhebt den Herren“ in der Folge der seit 2004 laufenden Gesamtaufführung aller Bachvespern die Einhunderfünfzigste aufgeführt.
Musik und Religion – beides kam vor allem durch ihre Mutter in die Familie, erzählt sie mit. Bereits als Kind hat Angela Schmidt im Kirchenchor gesungen, Weihnachten im Engelchor, später in verschiedenen anderen Chören. Der Schlusschoral geht ihr unter die Haut, Erinnerungen an ihre Mutter, an deren Seite sie einmal vor langer Zeit die Johannespassion mit aufgeführt hat. „Ach, Herr, lass dein lieb Engelein/Am letzten End die Seele mein/In Abrahams Schoß tragen …“
Zwischen damals und heute ist sie neben einem anstrengenden Vollzeitjob durch die Welt gereist, auf den Spuren von Gorillas und Orang Utans lief sie durch Dschungel. Ihren schönsten Ostergottesdienst erlebte sie auf Borneo – ein so herzliches Willkommen habe sie bislang in keiner anderen Kirche erfahren. So einfach und so groß.
Glaube und Wissenschaft, das geht für die promovierte Wissenschaftlerin fraglos zusammen: das Wunder der Schöpfung. Da folge sie wohl der Spur ihres Vaters, auch er ein „gläubiger Wissenschaftler“. Jedes noch so kleine Tierchen habe ja eine Funktion im großen Ganzen – je mehr sie wisse, je mehr Details sie sich erschließe, umso faszinierender wirke die Vielfalt, umso größer die Begeisterung, ja: die Ehrfurcht vor dem Leben. Jedes Spinnentier oder Käferchen, das sie in ihrer Wohnung findet, trägt sie achtsam nach draußen, zurück in den Schoß der Natur. Es geht ums Ganze.
Musik, sagt sie, wirkt integrierend. Über einen Chor in einer Kirchengemeinde anzudocken, das gelinge gut. Mit Gottesdiensten allein finde sie diesen Zugang nicht. Die Bachvesper ist für sie ein stimmiges Format. Ein festliches Erlebnis. Und nicht zuletzt: In einer gut gefüllten Kirche miteinander zu beten – wie bestärkend sei ein solcher Schulterschluss. Sich ein Stückweit getragen zu fühlen mitsamt der Tränen beim Schlusschoral – im Chor der Stimmen ist es möglich.
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