Mit Frau Kirch in die Kirche (4): Manchmal klappt es einfach nicht
Manchmal klappt es einfach nicht mit dem Gottesdienst: Nichts inspiriert, die Worte berühren nicht, andächtige Stimmung kommt nicht auf – religiöses Empfinden: Fehlanzeige. Nichts greift ineinander, Leerlauf. Was fängt eine damit an?
Mit Evi Bierschenk zusammen habe ich einen ökumenischen Gottesdienst besucht. Evi entstammt einer rheinhessischen katholischen Winzerfamilie. „Alter Lappen auf Grill“, sagt sie – ein Bonmot aus ihrer weitläufigen Familie, womit etwas besonders Kraftloses und Uninspirierendes gemeint ist. Sie ist erleichtert, dass ich den Gottesdienst ebenfalls nicht ansprechend fand. Kein Problem der Ökumene also, oder?
Für Evi zu einem Teil wohl schon. „Ein Gottesdienst – das ist doch eine Feier, ein sinnliches Erlebnis!“ sagt sie. Da müsse es etwas zu schauen, zu riechen und zu hören geben! Da muss sich etwas entfalten können. Das gemeinsame Singen, das fand sie gerade noch gut, die Akustik miserabel, die Ansprache verhuscht – Entfaltung, das wäre noch etwas Umfassenderes: Eine Berührung von weit her wie ein Sonnenstrahl, der einen aufweckt und zugleich etwas in der Tiefe bewirkt. Von all dem hat sie nichts gefunden. Zu einem Teil liegt es für sie an der protestantischen Ausstrahlung der Kirche – karger Raum, kein Weihrauch, hörbar mehr Leben draußen als drinnen. Da schaltet sie innerlich ab. Ja: Was ist denn dann Ökumene? Dass auch Katholikinnen dabei sein dürfen in diesem protestantischen Stuhlkreis mit gestalteter Mitte?
Gottesdienste, sagt Evi, besuche sie eher selten, eigentlich nur zu den hohen Feiertagen, dann gerne zusammen mit ihren fünf Geschwistern, am besten im vollen Dom – vergangenes Jahr saßen sie auf den Stufen zum Altar, weil ansonsten kein Platz mehr war, das hat ihr gefallen. Und dann nimmt sie mich mit in ihre katholische Kindheit, erzählt, was gut war, was schlecht. Sie erinnert sich daran, wie ihre Familie von weit her angereist ist, wenn der Abt von St. Ottilien auf dem Jakobsberg in der Nähe des Wohnortes ihrer Familie gepredigt hat, wie sie mit der jungen Gemeinde nach Taizé gereist ist, wie sie nach dem Kirchgang an Heiligabend in Gummistiefeln neben der Kirche im Schnee einen guten Wein geköpft haben. „Die Kirche als Institution ist viel zu langsam“, sagt sie, „die gesellschaftlichen Entwicklungen laufen ihr davon.“ Glauben ist für Evi keine Frage, die Kirche aber müsse sich damit befassen, dass Glaube und Bekenntnis keine Selbstverständlichkeit sind. Davon sei im Gottesdienst viel zu wenig zu hören – für Evi eine tiefe Kluft.
Wir sprechen noch ein wenig weiter. Über das Suchen, das Finden. Eine gute Predigt, Worte wie Taten. Leerlauf – vielleicht ist das die Einflugschneise für eine neue, unbekannte Sprache, die wir dringend brauchen.
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