Mit Frau Kirch in die Kirche (3): Etwas bleibt in der Schwebe
„Okay", sagt Kevin Schröger auf meine Frage hin, ob er denn mal mit mir in die Kirche gehen würde, „kann ich machen, wenn du mit einem Atheisten in die Kirche gehen möchtest."
Kevin macht gerade seinen Master in Psychologie und beginnt im Herbst eine Ausbildung zum Psychotherapeuten. Aus der Kirche ausgetreten ist er vor sieben Jahren, mit 18, und er findet es heute noch etwas ärgerlich, dass er sich damals dafür rechtfertigen musste. Religionsmündig sei man ja schließlich mit 14.
Die Sonne knallt vom Himmel, als wir uns an einem Freitag zur Mittagsandacht in der Katharinenkirche treffen. Angenehm still und kühl ist es da drin, ein starker Kontrast zu der Welt draußen, meint Kevin hinterher. Und der Pfarrer überraschend authentisch und präsent.
„Schön, dass Sie hier sind!" Davon habe er sich unmittelbar angesprochen gefühlt. Und wie dann das Sonnenlicht von der Seite ins Kirchenschiff flutete, das sei ein bezaubernd schöner Moment gewesen. Auch das Orgelspiel, das – wie sich zu unserer Überraschung herausstellt – improvisiert war, gefällt ihm.
Grundsätzlich allerdings findet er Kirchengebäude zu groß. Sie verkörpern für ihn einen Machtanspruch, der ihm fremd ist. Dass Menschen im Gottesdienst etwas Hilfreiches finden, das kann er nachvollziehen, aber nicht teilen. Kirche wie Gebet – das ist ihm beides zu „monolithisch".
Mit dem Wochenpsalm steuert der Pfarrer auf die Frage zu, wie Jung und Alt zueinander stehen. Jede Zeit müsse das neu herausfinden. Da habe er innerlich ganz unmittelbar anknüpfen können, sagt Kevin. Das erlebt er häufig, diese Mauern zwischen Alt und Jung, den Mangel an Empathie und Vorstellungsvermögen und den Kampf um Deutungshoheit. Gut, dass der Pfarrer bei der älteren Generation anmahnt, zu hören, was die jungen Menschen heute zu sagen haben. Damit etwas in Bewegung kommt. Und stimmt: Fridays for Future, die Bewahrung der Schöpfung. Das müsste ja eigentlich ein Uranliegen der Kirche sein.
Etwas lauter und fast trotzig klingen die Fürbitten. Spürbar direkt auch hier die Anrede. Wie das Willkommen am Anfang empfindet Kevin auch das berührend. Da wird etwas in den Raum gestellt und bleibt in der Schwebe. Vielleicht ein wenig so wie bei der Frage, ob er sich nun als Atheist oder Agnostiker bezeichnen möchte.
Das Ökumenische Mittagsgebet in der Katharinenkirche an der Hauptwache findet jeden Montag bis Freitag um 12.30 Uhr statt. Weitere Angebote im Internet.
0 Kommentare
Zu diesem Artikel wurden noch keine Kommentare verfasst. Schreiben Sie doch den ersten.