Mit 54 wagt die Kirchenmusikerin Karen Schmitt den Schritt ins Kloster
Karen Schmitt – ob Konzerte in der evangelischen Emmausgemeinde in Eschersheim, Auftritte in der Diakonissenkirche im Holzhausenviertel – die evangelische Kirchenmusikerin ist bislang fester Bestandteil des Frankfurter Konzertkalenders. Einmal noch, am Samstag des Pfingstwochenendes, kann das Publikum sie an der Orgel der Diakonissenkirche erleben – und dann Adieu: Die 54-Jährige geht ins Kloster, ins Evangelische Kloster Schwanberg in Franken, dessen Kern die Communität Casteller Ring ist, die sich an benediktinischen Regeln orientiert.
„Wenn die Glocke läutet, lege ich alles weg und gehe hin“, diese Regel des Klosters gefalle ihr, sagt die in Würzburg, nicht allzu weit von dem Kloster Aufgewachsene, und schaut in die Mittagssonne, die über dem Diakonissengelände strahlt. Ein paar Sätze vorher äußert sie beim Interview auf der Parkbank des Diakonissen-Areals an der Cronstettenstraße: „Ich habe doch sehr selbständig gelebt, bin gespannt, wie das wird.“
Sätze wie „das ist schon ganz schön in der Pampa“ oder „da werden sicher auch mal die Fetzen fliegen“ kommen ihr locker über die Lippen. Auch: „Es wird mir schon fehlen, nicht einfach eine Freundin anrufen zu können, gehen wir mal ein Bier trinken?“ Bei alldem schaut sie überzeugt drein, dass der Wechsel in das Kloster das Richtige ist. „Das passt.“
Lange Jahre hat Schmitt in einer Altbauwohnung an der Eschersheimer Landstraße gewohnt. Im Oktober 2022 ist sie in ein Zweizimmer-Appartment der Diakonissen gezogen. Die Küche teilt Schmitt sich mit Oberin Heidi Steinmetz, „da habe ich schon mal ein bisschen kommunitär gelebt“.
Am 6. Juni packt Schmitt ihre Sachen. Mit dem Kloster Schwanberg steht sie beim Kirchentag in Nürnberg an einem Stand. Am 11. Juni beginnt ihr Postulat, die Vorbereitungszeit. Nach einem halben Jahr wird Karen Schmitt zur Novizin. Beim letztendlichen Eintritt in die Communität, der ewigen Profess, erhält Karen Schmitt einen neuen Vornamen, „das wird im Dialog entschieden“, erzählt sie. Aktuell macht sie sich noch nicht allzu viel Gedanken darüber.
In Jugendjahren habe sie schon mal überlegt, sich einer Kommunität anzuschließen. „Aber ich wollte nie Diakonisse werden, auch nicht katholisch.“ Erst mal fiel die Entscheidung fürs Studium der Kirchenmusik, mit dem A-Examen hat sie es abgeschlossen und eine Ausbildung als Musiktherapeutin folgen lassen. 17 Jahre war Karen Schmitt an der psychosomatischen Klinik Hohe Mark in Oberursel tätig, dann der Wechsel nach Frankfurt zu Orgel und Chor.
Bei beiden Arbeitsplätzen trieb sie um, was heißt es, Glaube und Spiritualität zu leben. Liturgisches hat sie angezogen. Die täglichen Morgen- und Mittagsgebete, die regelmäßigen Abendgebete, die mit dem Älterwerden der Diakonissen weniger werden, hat sie geliebt.
Schon länger wusste Karen Schmitt von dem Kloster Schwanberg. Im vergangenen Sommer verbrachte sie eine Kontemplationswoche in der 1950 entstandenen Kommunität. „Danach wusste ich es.“ Eine 82 Jahre alte Schwester war „mit ihrer lebendigen und liebevollen Art Gottesdienste zu feiern, maßgeblich daran beteiligt, dass es mich jetzt zum Schwanberg zieht“. Schmitt fragte sie nach der Woche, ob sie zu ihr in Geistliche Begleitung kommen könne.
E-Mails, Telefonate, Besuche bekräftigten in den vergangenen Monaten Karen Schmitts Entschluss, zu dessen einschneidenden Konsequenzen gehört, dass Angehörige und Freunde sie nicht im Ordenshaus besuchen dürfen. Ihr 78 Jahre alter Vater, der noch in Würzburg lebt, sage, „mach mal“, schwerer falle es ihrer Schwester, die mit ihrer Familie bei Weilburg lebt.
Nicht im Ordenshaus, aber in anderen Räumlichkeiten sind Treffen möglich, es gibt auch Urlaubstage. Ein Drittel der Schwestern ist noch im berufstätigen Alter, sie arbeiten alle auf dem Schwanberg, zum Beispiel im Friedwald, als Jugend- oder als Bildungsreferentin. Schmitt kann sich vorstellen, in Sachen Musik wieder tätig zu werden. Mal schauen.
Für ihr Abschiedskonzert in der Diakonissenkirche, Cronstettenstraße 57–61, am 27. Mai um 18 Uhr, hat Karen Schmitt Werke von Johann Sebastian Bach ausgesucht und den Titel „Komm, heiliger Geist“ gewählt.
Den Chor in der Emmausgemeinde hat sie schon im vergangenen Jahr abgegeben, vor ein paar Wochen dort das letzte Konzert gestaltet.