Mit anderen über den Glauben sprechen ist nicht einfach
In der B-Ebene der Hauptwache: Eine Gruppe Menschen singt fromme Lieder, einer von ihnen wendet sich an die Passanten und predigt. Kaum jemand fühlt sich angesprochen. Manchmal sind es auch Menschen aus anderen Ländern, die in dieser Art auftreten und andere für den christlichen Glauben gewinnen wollen. Das hat dann vielleicht etwas Exotisches oder Skurriles, aber ansprechend ist es wohl eher nicht.
Was sich die meisten Menschen wünschen, das ist, wirklich angesprochen zu werden. Wenn ihnen etwas mitgeteilt wird, möchten sie erleben: Mein Gesprächspartner wendet sich mir zu. Ich werde als Person wertgeschätzt, ich bin wichtig für mein Gegenüber. Zwar geschieht das nicht immer. Oft redet man auch aneinander vorbei. Und manchmal ist man auch lieber für sich allein und will seine Ruhe haben. Aber wenn jemand von sich erzählt und sagt: „Das ist mir wichtig, das bewegt mich“ – dann kann es geschehen, dass zwei sich verstehen. Und es wird dann für beide wichtig, was der eine dem anderen mitteilt. Das sind besondere Momente im Leben.
Um solch einen Moment geht es in der Geschichte von Pfingsten. In der Bibel wird erzählt, wie begeistert die Freundinnen und Freunde von Jesus waren. Von den Mächtigen seiner Zeit war er abgelehnt und umgebracht worden. Aber ihnen begegnete er weiterhin, und seine Botschaft war in ihren Herzen lebendig. So sehr waren sie „Feuer und Flamme“, dass sie in geradezu stürmischer Begeisterung anderen Menschen diese gute Nachricht nahe bringen konnten. „Wir hören sie in unseren Sprachen von den großen Taten Gottes reden!“ sagten ihre Zeitgenossen, so ist es in der Apostelgeschichte überliefert (Kapitel 2, Vers 11). Das heißt: Sie fühlten sich angesprochen.
Damals wie heute ist es jedoch eine Minderheit, die sich von der Botschaft von Jesus angesprochen fühlt. Christlicher Glaube ist nicht mehr selbstverständlich. Religion ist zu einer Privatangelegenheit geworden. In einer multikulturellen Stadt wie Frankfurt werden viele verschiedene Religionen praktiziert. Viele Menschen verstehen sich auch als Atheisten und können mit einem Glauben an Gott gar nichts anfangen.
In dieser Situation steht die Kirche vor der Frage, wie sie Mission betreiben, den christlichen Glauben vermitteln soll. Zumal der Begriff „Mission“ belastet ist. In der Vergangenheit wurde das Christentum manchmal mit Gewalt verbreitet. Häufig war mit der Missionierung auch die koloniale Herrschaft des Westens über Völker in Afrika, Asien und Lateinamerika verbunden. Mission wurde als Ausdruck eines christlichen Überlegenheitsanspruchs verstanden.
Trotzdem kommt die Kirche nicht an der Aufgabe der Mission vorbei. Kirche ist nur da, wo Christinnen und Christen ihren Glauben, also das Vertrauen auf Gott im Sinne Jesu, mit anderen teilen – in der Hoffnung, dass diese sich angesprochen fühlen. Dabei ist vor allem das persönliche Gespräch wichtig. Dazu braucht es sicher auch Mut, wie immer, wenn man über etwas spricht, das einem persönlich wichtig ist. Aber nur dann wird das Gespräch über den Glauben wirklich ansprechend sein.
Ich erinnere mich an einen Besuch, den ich zur Vorbereitung einer Taufe bei den Eltern eines zu früh geborenen Kindes machte. Sie erzählten mir von den Wochen, als das Neugeborene im Krankenhaus um sein Leben kämpfte. In dieser schweren Zeit schenkte ihnen das Beten immer wieder neue Kraft. Ihr Vertrauen zu Gott war in dieser Belastung gewachsen. Das war bewegend und überzeugend zu hören. Und es war Mission im besten Sinn: Christinnen und Christen sprechen von ihrer Erfahrung mit dem Glauben an Gott. Das hat mich angesprochen – und in ihren Worten hat auch Gott mich berührt.