Typisch evangelisch: Kirchenvorstände - im Juni wird gewählt
Jeder erste Montag im Monat ist bei Jürgen Dornheim geblockt. Seit 28 Jahren. Es wären natürlich nicht immer Montage, und in manchen Monaten schrieb er öfter als einmal „KV“ in seinen Terminkalender. Jürgen Dornheim, 57 Jahre alt, Ingenieur bei Procter & Gamble, ist Kirchenvorsteher. Seit fast drei Jahrzehnten kümmert er sich im umfangreichen Ehrenamt um Belange seiner Gemeinde. Erst war das die Bethlehemgemeinde im Frankfurter Stadtteil Ginnheim, seit vielen Jahren ist es die Mariengemeinde in Seckbach.
„Die Arbeit von Kirchenvorständen findet im Verborgenen statt. Sie erschöpft sich nicht darin, in der Kirche die Gesangbücher auszuteilen und im Gottesdienst über Gemeindetermine zu informieren“, sagt Dornheim. Zwischen 16 und 86 Jahre alt sind die Mitglieder des Seckbacher Kirchenvorstands, viele sind schon lange dabei. Jürgen Dornheim kann das gut verstehen: „Es ist eine Arbeit, die einen mit Sinn erfüllt. Anders als im Beruf geht es nicht um den Leistungsgedanken, sondern darum, gemeinsam etwas in der Gemeinde zu bewegen.“
Das größtenteils ehrenamtliche Gremium ist ein Kernstück des demokratischen protestantischen Selbstverständnisses. Der Kirchenvorstand, zu dem auch die Pfarrerinnen und Pfarrer der Gemeinden gehören, trifft Entscheidungen von großer Tragweite. Ehrenamtliche wie Jürgen Dornheim legen die Schwerpunkte der Gemeindearbeit fest, von Kirchenmusik über Jugendarbeit bis zu diakonischen Aufgaben. Sie entscheiden über den Gebrauch der Gebäude und natürlich über die Finanzen, und wählen Delegierte in übergemeindliche Synoden.
Am 13. Juni ist es wieder soweit: Dann bestimmen alle konfirmierten Kirchenmitglieder in den mehr als tausend Gemeinden der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau (EKHN) ihre Leitungsgremien neu. Insgesamt sind über 1,3 Millionen Personen wahlberechtigt. Die Wahlunterlagen werden ihnen automatisch mit der Post zugeschickt. Etwa zwölf Prozent aller Gemeinden bieten die Möglichkeit einer Online-Wahl an. Gut die Hälfte organisiert die Wahl komplett als Briefwahl. Je nach Gemeindegröße hat ein Kirchenvorstand zwischen 4 und 21 Mitglieder. Gewählt wird alle sechs Jahre. 2015 waren knapp 60 Prozent der Gewählten Frauen.
„Es ist toll, dass es Kirchenvorstande gibt“, sagt Pia Baumann, Pfarrerin in der Gemeinde Frankfurt-Bockenheim. Sie empfindet es als Geschenk, Teil eines solchen Gremiums zu sein und gemeinsam mit den Ehrenamtlichen die Gemeinde zu leiten. „Kirchenvorstände haben es verdient, dass man ihnen so viel Wind wie möglich unter die Flügel pustet.“
Kirchenpräsident Volker Jung und seine Stellvertreterin Ulrike Scherf rufen zur Teilnahme an der Wahl auf. Im Durchschnitt liegt die Wahlbeteiligung nämlich nur bei gut 18 Prozent, in Großstädten oft sogar nur bei 10 Prozent. Auf dem Land sei das ganz anders, sagt Martin Reinel von der EKHN-Öffentlichkeitsarbeit: „Dort wählen manchmal bis zu 80 Prozent der Gemeindemitglieder.“
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