Holy Family!
Gerade zu Weihnachten scheint alles klar: Maria, Josef, das Jesuskind – Kleinfamilie in stiller, heiliger Nacht. Auch in der Kirche scheint die biologische Herkunftsfamilie von zentraler Wichtigkeit: Taufe und Konfirmation werden als große Familienfeste gefeiert.
Jesus selbst hatte allerdings ein eher ambivalentes Verhältnis zu seiner Familie. Zwar gilt sein Bruder Jakobus als einer der wichtigsten Jünger und auch die Mutter Maria spielt eine positive Rolle. Der Vater Josef und die weiteren Geschwister kommen hingegen außerhalb der Geburtsgeschichte nicht vor.
Überhaupt: Das Neue Testament spart Jesu Kindheit praktisch vollkommen aus. Interessant wird er erst als Erwachsener. Hier aber scheint er sich mit seiner Familie überworfen zu haben, die ihn für „von Sinnen" – also verrückt – erklärt haben soll. Beinahe folgerichtig nabelt sich Jesus fast vollkommen von seiner Herkunftsfamilie ab.
Die Jüngerinnen und Jünger werden seine neue Familie. Mit ihnen teilt er sein Leben. Dieses Verständnis von „Familie" jenseits biologischer Verwandtschaft spiegelt sich auch darin wider, wie der Apostel Paulus die Taufe versteht: Sie verbindet die Getauften neu in Christus und löst gleichzeitig aus allen „natürlichen" Beziehungen heraus.
„Hier ist nicht Jude noch Grieche, nicht Sklave noch Freier, nicht Mann und Frau". Dieser berühmte Satz von Paulus besagt, dass die Taufe eben nicht die biologische Geburt bestätigt, wie es heute oft gefeiert wird, sondern dass sie eine Neugeburt bedeutet – hinein in die große Familie aller Christinnen und Christen weltweit.
So erklärt sich auch die geschwisterliche Anrede als „Schwester" und „Bruder". Für heutige Ohren klingt das vielleicht verstaubt, im Grunde ist es aber ein starkes Bild. Für uns heute ersetzt diese „andere" Familie vielleicht nicht die Herkunftsfamilie, aber ergänzt, erweitert und bereichert sie.
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