Hilfe, mein Kind will nicht in Reli!
„Warum hast du deine Hand komplett mit Filzstift angemalt?“ frage ich das Kind. „Religion“ lautet die knappe Antwort. „Religion?“ frage ich irritiert. „Ja. Mega langweilig. Da wird die ganze Zeit nur gelabert. Über Gott.“
Ich muss kurz nachdenken, um gewinnbringend eine nächste Frage zu formulieren: „Findest du Gott langweilig oder ist es die Art, wie die Lehrerin von Gott erzählt?“ Mit dieser Frage hat mein Kind offensichtlich nicht gerechnet. Auch sie überlegt. „Gute Frage“, lautet ihre Antwort.
„Ich erinnere mich sehr gerne an meinen Religionsunterricht“, erzähle ich ihr. Dass wir immer viel gemalt haben und unser Lehrer Gitarre spielte und wir viel gesungen haben. „Das würde ich auch gut finden!“ – Nach einem kurzen Funkeln wieder der resignierte Blick: „Darf ich in Ethik? Dann habe ich eine Stunde weniger.“
Ich frage, was sie glaubt, wie der Ethikunterricht gestaltet ist. Keine Ideen ihrerseits. Eine Stunde weniger Unterricht wiegt schwer in ihrer Wahl. „Ich bin mir sehr sicher, dass im Ethikunterricht auch viel gelabert wird.“ Sie argumentiert weiter, dass die Ethik-Lehrerin netter wäre, ihr großer Bruder am Gymnasium auch keinen Religionsunterricht habe und es Gott gar nicht gäbe. Und nun?
Ich bin kurz überfordert. Im ersten Impuls frage ich sie, ob ihr bewusst ist, dass ich für eine evangelische Zeitung schreibe. „Macht doch nix, Mama!“ sagt sie. Es klingt, als wolle sie mir sagen, dass ich mich dafür nicht schämen müsse. „Du darfst doch an Gott glauben. Und ich darf nicht an Gott glauben müssen. Jeder entscheidet für sich.“
„Stark!“ denke ich. Die Entscheidung zum Wechsel des Unterrichts haben wir vertagt. Ich brauche mehr Zeit, um darüber nachzudenken. Damit kann sie (vorerst) leben.
1 Kommentar
Same here. Wir haben den Wechsel befürwortet trotz meiner beruflichen Verortung. Manchmal geht es auch gar nicht um die Inhalte, sondern die Aufbereitung. Ich konnte die Argumente meiner Tochter sehr gut nachvollziehen. In der Hoffnung, dass sie fürs Leben und sich ganz persönlich mehr mitnehmen kann, haben wir sie im Ethikunterricht angemeldet.