Citykirchenkonferenz: „Verlässlich offene Kirchen, verbunden mit Gastfreundschaft“
Eine Kirche, die keine Kirche mehr ist, dafür ein wichtiger Ort der Demokratie, einer der wichtigsten des Landes: Die Paulskirche durfte auf dem Terminplan der deutsch-schweizerischen Citykirchenkonferenz natürlich nicht fehlen. Zu dem viertägigen Treffen waren Großstadtpfarrer:innen unter anderem aus Berlin, Hamburg, Dortmund, Köln, Zürich, Basel und Bern an den Main nach Frankfurt und Offenbach gereist. Das Motto der Begegnung lautete: „Frank und frei – unsere Kirchen im Wandel der Städte“.
Draußen vor der Tür ist es morgens noch ungemütlich kalt, aber das Großstadtleben hat natürlich längst seinen Gang aufgenommen. In den Büros der Bankentürme hat die Woche früh begonnen, genauso wie bei den Bäckerfilialen und Souvenirläden auf dem nahen Römerberg. In der Paulskirche, wo ein Demokratiezentrum entstehen soll und kommendes Jahr der 175. Geburtstag der ersten deutschen Verfassung gefeiert wird, sprechen an diesem Morgen der Frankfurter Dezernent Bastian Bergerhoff und Esther Gebhardt als ehemalige Stadtverordnete der SPD und einstige Chefin des Evangelischen Regionalverbands. „Wir sind eine sehr gemischte Stadt“, sagt Bergerhoff, der im Magistrat unter anderem für die Dotationskirchen verantwortlich ist. „Demokratie ist vor allem ein Gedankengebäude. Und die Kirchen leisten einen wichtigen Beitrag dazu.“
Esther Gebhardt sorgt sich in ihrer Rede um die erstarkenden antidemokratischen Bewegungen und den Erfolgen rechtsnationaler Parteien in Europa, wie jüngst in Italien: „Wir erleben eine Transformationszeit, da wünschen sich viele Menschen einen autoritären Staat“, sagt sie und fordert die Kirchen auf, sich dagegen zu stellen: „Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“, zitiert sie aus dem zweiten Timotheusbrief.
Neben dem Treffen in der Paulskirche standen noch viele andere Begegnungen auf dem Konferenzprogramm: In Frankfurt das Bahnhofs- und Europaviertel und die Jugendkulturkirche Sankt Peter, in Offenbach der Polizeiladen sowie ein Treffen mit dem Oberbürgermeister Felix Schwenke (SPD). Es geht um Innenstadtkonzepte und Multikulturalität, immer wieder um die Stärkung der Demokratie und natürlich um ausgiebige Stadtrundgänge zu urbanen Orten des Glaubens, aber auch der Säkularität. In der französisch-reformierten Kirche in der Offenbacher Herrnstraße hören die Seelsorgerinnen und Seelsorger einen Vortrag von Pfarrer Ludwig Schneider-Trotier über „den Abriss der Geschichte der Hugenotten in Offenbach als pars pro toto für die Historie als Migrantenstadt“.
„Citykirchenarbeit bedeutet verlässlich offene Kirchentüren, verbunden mit Gastfreundschaft. Daraus erwächst das Gespräch und die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Gruppen und Institutionen – alles im Geist und auf dem Boden evangelischer Freiheit und biblischer Gebundenheit“, sagt Andrea Braunberger-Myers, Stadtkirchenpfarrerin an der Alten Nikolaikirche auf dem Frankfurter Römerberg. „Es ist uns wichtig, als Kirche Profil zu zeigen und den Menschen in dieser multikulturellen Stadt die befreiende Botschaft des Evangeliums lebensnah und zugewandt weiterzugeben", bekräftigt Manuela Baumgart von der Fachstelle für Stadtkirchenarbeit an der Stadtkirche im Herzen von Offenbach.
Der Verbindung zwischen den beiden Städten des Evangelischen Regionalverbands, die einander so nah und doch manchmal so fremd sind, können die Teilnehmer:innen auch ganz im wörtlichen Sinne nachspüren: bei einer Schifffahrt auf dem Main.
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