Er ist auferstanden! Wer das glaubt, lebt anders.
Es gibt nicht vieles, worin sich sämtliche Christen und Christinnen einig sind. Die Auferstehung gehört definitiv dazu. Dass Jesus nach seiner Hinrichtung am Kreuz von Gott wieder auferweckt wurde, und zwar „am dritten Tag“ (nach jüdischer Zählung: Karfreitag eins, Karsamstag zwei, Ostersonntag drei) – das hat noch nie eine christliche Gruppe bestritten.
Jedenfalls in der Theorie. Wirklich an die Auferstehung zu glauben – damit tun sich dann doch viele schwer. Kaum jemand kann erklären, was genau damit gemeint ist. Auf der Internetseite der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau steht zum Beispiel, die Auferstehung sei „ein Symbol des Neuanfangs und der Befreiung nach der Erfahrung des Scheiterns“. Nun ja, das lässt sich natürlich leicht mit der modernen Vernunft vereinbaren. Aber es ist halt auch ein bisschen banal.
Es geht nicht einfach um die Unsterblichkeit der Seele
Schon Paulus wusch Gläubigen den Kopf, die die Auferstehung ins rein Symbolhafte uminterpretieren wollten. Und Karl Barth, einer der wichtigsten Theologen des 20. Jahrhunderts, machte sich lustig über die gängigen Vorstellungen vom Leben nach dem Tod, etwa dass „ein Seelchen wie ein Schmetterling über dem Grab davonflattert, um unsterblich weiterzuleben“. Barth stellte demgegenüber klar: „Das ist nicht die christliche Hoffnung. Ich glaube an die Auferstehung des Fleisches.“
Tatsächlich geht es beim christlichen Auferstehungsglauben nicht einfach um ein Leben nach dem Tod oder die Unsterblichkeit der Seele. So etwas gibt es auch in vielen anderen Religionen. Nach christlicher Auffassung geschieht die Auferweckung der Toten aber gerade nicht individuell direkt nach dem Sterben, sondern außerhalb der Geschichte, am Ende der Zeit. Nach dem Jüngsten Gericht, der Wiederkunft Christi. Die Auferstehung ist eine gemeinschaftliche, kollektive Sache. Bloß: Wie soll man sich das vorstellen?
Die Berichte vom Auferstandenen stimmen nicht überein
Ein bisschen tröstlich ist, dass die christliche Gemeinschaft das offenbar von Anfang an nicht so genau wusste. Auf die Formel „Er ist auferstanden!“ hätten sich Jesu Anhänger und Anhängerinnen zwar früh geeinigt, sagt Angela Standhartinger, Neutestamentlerin an der Uni Marburg. Aber sie hätten Unterschiedliches darunter verstanden. In den Jahren nach Jesu Tod gab es viele, die von Begegnungen mit dem Auferstandenen berichteten. Sie bekamen den Ehrentitel eines Apostels oder einer Apostelin und besaßen in den frühen Gemeinden große Autorität.
Allerdings: „Ihre Berichte stimmen nicht überein“, sagt die Theologieprofessorin. Mal schildern sie Jesus als Geist, mal als Menschen aus Fleisch und Blut, der isst und trinkt. Die einen dürfen ihn berühren (der „ungläubige“ Thomas), die anderen nicht (Maria Magdalena). Manche erkennen sofort, wen sie da vor sich haben, andere halten Jesus erstmal für einen Fremden – offenbar hatte sich sein Aussehen also verändert. Ja, was denn nun?
Die Sache mit dem „Jüngsten Gericht“
Einigkeit besteht wieder darin, dass Jesus nicht als einziger von Gott auferweckt wurde, sondern nur als erster: Wir alle können uns auf unsere Auferweckung freuen. Wobei dann aber wieder unklar ist, wer mit „alle“ gemeint ist: wirklich alle Menschen oder nur diejenigen, die die Prüfung vor dem „Jüngsten Gericht“ bestehen? Bis ins Mittelalter hat die Vorstellung von einem solchen Gericht, bei dem entschieden wird, ob man das ewige Leben bekommt oder in der Hölle landet, vielen Menschen Angst gemacht. Sonst wäre der kirchliche Ablasshandel, gegen den Martin Luther aufbegehrte, ja kein so lukratives Geschäft gewesen.
Diese Zeiten sind zum Glück vorbei, die Schrecken der Hölle Vergangenheit. „Wenn Menschen den nahen Tod vor Augen haben, beschäftigt sie heute eher die Frage, was sie in ihrem irdischen Leben versäumt haben“, sagt Pfarrer Kurt Schmidt vom Zentrum für Ethik in der Medizin am Ginnheimer Markuskrankenhaus. Doch nicht nur die Hölle ist vergessen: „Auch die Auferstehung spielt bei der Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit heute keine große Rolle mehr.“
Dieser Wandel habe auch mit der modernen Medizin zu tun, sagt Schmidt: Wo man früher dem unausweichlichen Tod ins Auge sehen musste, gibt es heute noch vielerlei Behandlungsoptionen, die das Leben vielleicht verlängern können. Zwar siegt am Ende dann doch der Tod, den kann bis heute ja keine Medizin der Welt verhindern. Aber bis es soweit ist, sind die Menschen mit dem Versuch der Lebensverlängerung beschäftigt. Und sie denken dementsprechend weniger darüber nach, was danach vielleicht noch kommt.
Der Tod ist überwunden – aber was heißt das?
Wenn der Tod aber letzten Endes unausweichlich ist, was bedeutet dann die in Predigten so oft gehörte Aussage, Jesus habe „den Tod überwunden“? Im Unterschied zu anderen antiken Konzepten, erläutert die Neutestamentlerin Standhartinger, beziehe sich der christliche Auferstehungsglaube auf die Gegenwart. „Schon jetzt“ seien wir „mit Christus gestorben und auferstanden“, schreibt etwa Paulus im Kolosserbrief. Die Auferstehung ist nicht nur ein Ereignis, das sich später einmal vollzieht, sondern sie ist „schon jetzt“ Realität, zu unseren Lebzeiten, hier auf der Erde.
Jesu Hinrichtung durch die Römer bedeutete nicht die Zerschlagung der Bewegung, sondern wurde im Gegenteil zum Anfang einer neuen Religion. Dass „der Tod nicht das letzte Wort hat“ ist ein Motor für viele Befreiungsbewegungen geworden. Im Vertrauen auf eine Auferstehung kämpft man weiter, auch wenn die Aussichten schlecht sind. Und vielleicht ist das ja auch alles, worauf es ankommt: Wer an Auferstehung glaubt, lebt anders im Hier und Jetzt.
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