Abendmahl feiern übers Internet?
Die Corona-Pandemie hat nun auch den evangelischen Kirchen ihren Abendmahlsstreit beschert. Anders als bei den Katholischen geht es aber nicht darum, wer mitfeiern darf, sondern um das Medium: Muss Abendmahl analog in einer Kirche stattfinden oder kann man es auch per Videokonferenz feiern?
Vor einem Jahr, als wegen Corona die meisten Aktivitäten ins Internet verlegt wurden, erschien vielen die Vorstellung noch eher abwegig, nicht nur Gottesdienste, Konfirmationsunterricht und Kirchenvorstandssitzungen via Zoom abzuhalten, sondern auch Abendmahlsfeiern. Einige kirchenoffizielle Stellungnahmen rieten Gemeinden sogar ausdrücklich davon ab und empfahlen stattdessen „Abendmahlsfasten“.
Im Internet, wo sich unter Hashtags wie #digitaleKirche schon lange vor Corona christliche Menschen vernetzt hatten, die das Internet aktiv nutzen, sorgte diese schnelle Abwehr für Verärgerung. „Der Sinn des Fastens ist es doch, Dinge zu meiden, die uns vom Evangelium fernhalten“, schrieb eine Pfarrerin auf Twitter, „Abendmahl-Fasten ist vollkommen absurd!“
Andere äußerten Zweifel, ob das Zusammenkommen im Netz überhaupt „echte“ Gemeinschaft sei. Die Erfahrungen mit virtuellen Formaten sind seither aber größtenteils so gut, dass dieses Argument inzwischen kaum noch vorgebracht wird.
Ein Problem ist aber auch, dass man sich im Digitalen nicht wie gewohnt Brot und Wein gegenseitig reichen kann, sondern es sich selbst nehmen muss. Volker Jung, Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, schlägt deshalb vor, sich immer zu zweit vor dem Computer oder Tablet zu verabreden. Das ist sicher eine pragmatische Idee, aber was bedeutet das konkret für Menschen, die niemanden zum analogen Mitfeiern finden? Dürfen sie dann nicht mitmachen?
Auch folgendes Argument ist noch bedenkenswert: Die christliche Abendmahlsgemeinschaft soll ja gerade nicht nur auf die eigene Ortsgemeinde zugespitzt sein, sondern Verbundenheit mit der weltweiten Christenheit herstellen. Gerade dafür wäre das Internet ja eigentlich das ideale Medium.
Wie es im Protestantismus üblich ist, handhaben die verschiedenen Gemeinden das digitale Abendmahl inzwischen ganz unterschiedlich. Manche kamen zu dem Schluss: „Nein, das ist nichts für uns, das lassen wir wieder.“ Andere machten die Erfahrung: „Naja, so schön wie analog ist es nicht, aber besser als nichts.“
Und wieder andere entdeckten das Format als eine neue Form christlicher Gemeinschaft, die noch ganz andere Möglichkeiten eröffnet. Die Initiative „Brot und Liebe“ etwa feiert jetzt alle 14 Tage per Zoom ein Abendmahl, oder besser: „Storytelling und Brotbrechen“, wie das Format heißt. Es erreicht ein Publikum, das bei traditionellen Abendmahlsfeiern eher selten anzutreffen ist.
In Rhein-Main lädt zum Beispiel die Gemeinde Frankfurt-Nordwest manchmal zu Zoom-Gottesdiensten mit Abendmahl ein. Und die Gemeinde Frankfurt-Nied hat für ihr digitales Abendmahl an Gründonnerstag vorab per Post Speisekarte, Ablauf und Tischdeko verschickt.
0 Kommentare
Zu diesem Artikel wurden noch keine Kommentare verfasst. Schreiben Sie doch den ersten.