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Natur statt Parkplätze: Der Wartburg-Garten besteht seit zehn Jahren

In der Wartburggemeinde blüht, wächst, krabbelt und summt es seit mehr als einem Jahrzehnt. Die Idee will das Team um Pfarrer Thomas Diemer gern weitertragen.

Eine grüne Oase in der Stadt: Der Garten der Wartburggemeinde in Frankfurt-Bornheim.
Eine grüne Oase in der Stadt: Der Garten der Wartburggemeinde in Frankfurt-Bornheim.

Waschbetonplatten, versiegelte Flächen und ein Rasen, den Hausmeister:innen einfach nur plattmähen müssen: Kirchen und Gemeindehäuser sind auch in der Großstadt oft von erstaunlich großen Grundstücken umgeben. Das ist in der Wartburggemeinde im Frankfurter Nordend nicht anders – nur dass sich seit zehn Jahren ein Team aus Ehrenamtlichen mit Pfarrer Thomas Diemer um einen wachsenden Garten kümmert, der üppiges Grün, frisches Obst und Gemüse und farbenfrohe Blüten hervorbringt.

Die Lage des Gartens ist gut gewählt, denn er liegt direkt an der Südmauer des Kirchengebäudes, der Günthersburgpark und etliche Kleingärten sind in der Nähe. Entsprechend viele Sonnenstunden gibt es dort, so lange eben die Sonne scheint. Der regenreiche Sommer hat dem Garten natürlich gut getan. Hier wächst und gedeiht anscheinend nahezu alles – von Tomaten, über Rosenkohl und Kräuter bis hin zu wildem Wein, der an der Mauer hochrankt.

Derzeit pflückt sich Thomas Diemer dort jeden Morgen frische Feigen für sein Frühstücksmüsli: „Die sind unglaublich lecker.“ Er erinnert sich an die Anfänge im Juli 2013: „Da war nichts, null. Und jetzt blühen dort hunderte neue Pflanzen. Es ist wie ein kleines Paradies.“

Früher war das Grundstück Brachland, nur als Durchgangsweg zur Kirchwiese gedacht. Doch inzwischen ist „Natur in der Stadt“ ein großes Thema in der Wartburggemeinde. Laut Thomas Diemer wurden im Garten außer Bienen und Hornissen auch schon Spechte und Grünfinken, Mader, Füchse und sogar ein Goldschakal gesichtet. „Das ist wirklich ein kleines Biotop, die wandern hier so rum. Wir wollen aktiv zur Lebensqualität im Stadtteil beitragen, eine Grünzone schaffen, etwas gegen die Klimakrise tun.“

Der Kirchturm wird seit 2010 als Bienenturm genutzt. Damals kam ein Hobbyimker aus dem Stadtteil auf die Gemeinde zu und fragte, ob dort vielleicht Platz sei, um Bienen zu züchten. „Das angebliche Bienensterben war in aller Munde und wir wollten gerne etwas für die Bewahrung der Schöpfung tun“, sagt Pfarrer Diemer. Anfangs habe es Bedenken gegeben, „aber im ersten Stock des Turms sind sowohl die Bienen geschützt als auch die Menschen.“ 230 Kilo Honig haben die Kirchenbienen 2022 produziert. Und Bienen brauchen Blüten.

Urban Gardening liegt stark im Trend. Großstädter:innen bepflanzen in Eigenregie Verkehrsinseln und Gemeinschaftsbeete auf Dachterrassen, sie teilen sich Kleingärten und tauschen sich beim U-Bahn-Fahren über Tipps zur Zucchinizucht aus, die Stadt fördert immer mehr Projekte zur Verbesserung des Mikroklimas. Nachdem er zunächst als Steinwüste angelegt war, die bei Sommerhitze zum Backofen wurde, ist jüngst der Paul-Arnsberg-Platz im Frankfurter Ostend entsiegelt und klimagerecht umgestaltet worden. Dort sind jetzt 30 junge Bäume gesetzt, umgeben von Beeten, und alles wird flankiert von einem Grünstreifen, der zur Wildblumenwiese heranwachsen soll. Auch der urbane Garten auf der Hafeninsel in Offenbach trägt zur Erfrischung der Umgebung bei. Das Schottergartenverbot in Frankfurt ist ein Schritt, der in eine ähnliche Richtung geht: Bepflanzte Gärten speichern Wasser, Steine können das nicht.

Pfarrer Thomas Diemer sieht es als Chance, dass viele Kirchengemeinden über große und ungenutzte Areale verfügen. Viel zu oft werde das als Problem, als Belastung gesehen. Doch statt Parkplätze und Raum für Mülltonnen könne man dort auch Gärten anlegen und das Ökosystem Großstadt fördern: „Das ist die Zukunft. Die alte Trennung zwischen Natur und Stadt besteht so nicht mehr. Es wäre schön, wenn all das als gesamtkirchliche Aufgabe wahrgenommen würde. Wo es geht, Leben ermöglichen. Das ist doch ein urchristliches Anliegen.“

Irgendwo in einer Ecke beginnen oder ein paar Hochbeete anlegen: Der Anfang sei schnell gemacht, und der Effekt enorm. Allein die Gespräche mit Passantinnen und Passanten über den Gartenzaun hätten die Gemeinde im Stadtteil noch mehr in den Fokus gerückt: „Jedes Beet, jede Gemüsepflanze und vor allem jeder Baum ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.“


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Anne Lemhöfer 145 Artikel

Anne Lemhöfer interessiert sich als Journalistin und Autorin vor allem für die Themen Kultur, Freizeit und Gesellschaft: www.annelemhoefer.de

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