Manush – ein Projekt der Diakonie für marginalisierte Gruppen
„Manush“ heißt Mensch auf Romanes. Gabriela Jäger erzählt es mit einem Lächeln. Seit Anfang April ist die Rumänisch- und Romanes-sprachige Sozialhelferin im Projekt „Manush – Arbeit mit marginalisierten Gruppen“ des WESER5 Diakoniezentrums der Diakonie Frankfurt und Offenbach aktiv. Gemeinsam mit ihren Kollegen Qutaiba Al Jendi und Gabriel Kögler widmet sie sich auf der Straße lebenden Familien und anderen Gruppen aus Rumänien, Bulgarien, Serbien oder Ungarn. Romanes sprechende Bürger:innen berät und begleitet die Diakonie, unterstützt von der Stadt Frankfurt, bereits seit 2014, die Arbeit wurde sukzessive ausgebaut. Seit April trägt das Projekt den Namen „Manush“.
Corona, Ukraine-Krieg und Inflation machen das Leben in der Heimat schwer
Sozialarbeiter Qutaiba Al Jendi erklärt, wie sich die Arbeit im Vergleich zu 2019, als er begann, wohnungslose Menschen aus Südosteuropa aufzusuchen und zu beraten, verändert hat: „Früher kamen nach Ostern und vor Weihnachten Familien nach Frankfurt, die wir kannten. Inzwischen hat sich die Lage in den Heimatländern weiter verschlechtert – wegen Corona, dem Zuzug vieler Geflüchteter aus der Ukraine und der Inflation. Gruppen, die schon vorher unbeliebt waren, werden in dieser Situation aus dem Land gedrückt.“ Gabriela Jäger ergänzt: „Sie waren auch vorher diskriminiert, aber jetzt haben sie noch weniger Chancen.“ Deshalb verlassen immer mehr Gruppen ihre Heimatländer: „Sie leben bei uns auf der Straße, haben keine Perspektive, sammeln Flaschen und betteln, um ihre Familien zu ernähren, aber das gelingt hier immer noch besser als in der Heimat.“
Viele der Jüngeren können nicht lesen und schreiben
Die Diakonie Frankfurt und Offenbach reagiert mit „Manush“ auf den größer werdenden Bedarf. Für ein Jahr gibt es zusätzlich zwei halbe Stellen, um die unterschiedlichen Gruppen im Stadtgebiet aufzusuchen, unterstützt durch die Share-Value-Stiftung. Der Bedarf der Begleitung zu Behördenterminen ist groß, viele der 15- bis 30-Jährigen können nicht lesen und schreiben, erzählt Qutaiba Al Jendi. Zu Zeiten des Kommunismus sei dies noch anders gewesen. Aber nicht nur Diskriminierung spielt eine Rolle, sagt Gabriela Jäger, „es ist auch eine Frage der Armut. Die Familien sind mit dem Alltag beschäftigt, die Schule steht ziemlich weit hinten.“
Wer Romanes spricht, findet leichter Zugang
Wie gelingt „Manush“ der Zugang zu marginalisierten Familien? „Wir sprechen sie an. Weil ich Romanes spreche, gewinnen wir Vertrauen. Auch dass ich eine Frau bin, macht es leichter, mit den Roma-Frauen ins Gespräch zu kommen,“ sagt Gabriela Jäger. Qutaiba Al Jendi stellt sich fremden Familien zunächst vor: „Meist haben sie Angst, dass ich von der Polizei oder von der Stadt bin. Ich erkläre ihnen dann, was wir machen. Manchmal dauert es eine Weile und dann sagen sie uns, was sie brauchen, zum Beispiel Kleidung, eine Dusche, Essen, eine Fahrkarte.“ Die Sozialarbeiter fragen, wie groß die Gruppe ist, wo sie übernachtet und zeigen ihnen das WESER5 Diakoniezentrum mit seinen Angeboten. „Hygiene ist sehr wichtig, im Vergleich zu anderen Gruppen kommen sie regelmäßig duschen und fragen nach frischer Kleidung. Viele holen im WESER5 Diakoniezentrum Speisen und essen sie dann in der Familie – die Familie ist alles, Sicherheit, Vertrauen, Halt.“
Firmen gesucht
Wenn Kontakte aufgebaut und Grundbedürfnisse geklärt sind, stellt sich die Frage, wie es weitergehen kann: „Besonders die Jungen wollen arbeiten. Wir helfen beim Beantragen einer Steuer-ID, vergeben eine Postadresse.“ Wer länger auf der Straße war, schafft es nicht sofort, Vollzeit zu arbeiten. Hier knüpft „Manush“, Kontakte zu Firmen, um realistische Angebote zu generieren, die einen erfolgreichen Einstieg in die Arbeitswelt erlauben. „90 Prozent derjenigen, die ich in Jobs vermittelt habe, arbeiten bis heute darin,“ sagt Al Jendi lächelnd. Im nächsten Schritt bietet „Manush“ weitere Sozialberatung an und unterstützt bei der Suche nach einer Unterkunft. Im Falle einer Großfamilie gelang es, für zwei Drittel der Familie Arbeit und Unterkunft zu finden: „Das sind gelingende Beispiele und eine Motivation für die anderen.“