„Man kann schnell alles verlieren“: Ein Juwelier engagiert sich für Obdachlose
Als Stephan und Christoph Friedrich 1985 das Juweliergeschäft ihres Vater übernahmen, standen Rechnungen im Wert von einer halben Million Mark aus. Die Brüder nahmen einen Kredit auf und setzten das Geschäft, ihre Wohnungen und Autos als Sicherheit dagegen. „Da wurde mir zum ersten Mal richtig bewusst, dass man auch ganz schnell alles verlieren kann“, sagt Stephan Friedrich heute. Es gelang den Brüdern, den 1947 von Vater Karl gegründeten Juwelierladen weiter zu führen. „Unser schönstes Weihnachten war, als nach acht Jahren auf dem Kontoauszug eine Null stand, der Kredit also abbezahlt war.“
Bald begann Stephan Friedrich, sich für Wohnungslose zu engagieren, zusammen mit dem damaligen Pfarrer im Bahnhofsviertel, Johannes Herrmann. Heute spendet er bereits seit vierzehn Jahren Geld für die jährliche Winterspeisung der Hoffnungsgemeinde, die immer einen Monat lang allen Bedürftigen in der Weißfrauenkirche eine warme Mahlzeit garantiert. Seine Reputation als Geschäftsmann hat Friedrich auch dafür eingesetzt, andere Spender zu gewinnen: Ferrero sponsert die Veranstaltung mit Schokolade, es hat auch schon Zigarren von André und Handschuhe von C&A gegeben.
Das Unterhaltungsprogramm für die Feier hat Friedrich ebenfalls initiiert: Jedes Jahr singt Bata Illic Schlager, manchmal kommen auch Roberto Blanco oder Dunja Reiter. „Bata Illic war mal ein Kunde von mir“, erzählt der Juwelier, „jetzt sind wir schon lange Freunde.“ Als Friedrichs Tochter und die beiden Söhne noch Kinder waren, boten sie auf der Eröffnungsfeier Plätzchen an, die seine Frau gebacken hatte. „Abgeben ist immer auch ein Geschenk für einen selbst“, sagt er. Das erführen auch die jungen Leute von der Deutschen Bank, die jedes Jahr bei der Winterspeisung helfen.
Friedrich, der 1953 in Bad Homburg geboren wurde und katholisch ist, engagiert sich auch im Verwaltungsrat der Diakoniestiftung Frankfurt, wo Ideen für Fundraising überlegt und diakonische Projekte unterstützt werden. Die Stiftung hat zum Beispiel die Personalmittel der Evangelischen Notfallseelsorge aufgestockt und eine Stelle für die Straßensozialarbeit im Obdachlosenzentrum Weser 5 finanziert.
„Das ist eine sehr wichtige Arbeit“, sagt Friedrich. „Straßensozialarbeiter sprechen auf ihren Rundgängen durch die Stadt die Menschen an, die auf der Straße leben, und machen sie auf Hilfsangebote aufmerksam.“
Ihr Juweliergeschäft haben die Brüder Friedrich vor drei Jahren verkauft, auch wenn Stephan Friedrich noch als Geschäftsführer mit dem neuen Inhaber zusammenarbeitet. „Es ist kein Witz: Juwelier sein ist ein gefährlicher Beruf“, begründet er diese Entscheidung. Und erzählt, wie sein Bruder vor einigen Jahren mit einem Koffer voller Schmuck entführt und im Kofferraum seines Autos eingesperrt wurde. Oder wie er eine Schmuck-Kollektion im Wert von einer halben Million Euro an einen Prinzen aus Saudi-Arabien verkaufte, der aber erst ein halbes Jahr später zahlte. „Da stand dann wieder unsere Existenz auf dem Spiel“, sagt er. Über seine Erlebnisse als Juwelier schreibt Friedrich jetzt ein Buch.