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Literarisch-musikalischer Gedenkabend zum jüdischen Erbe Deutschlands

Ein Abend mit Texten jüdisch-deutscher Autor:innen und Werken namhafter Komponisten erinnerte unter dem Titel „Ich hatte einst ein schönes Vaterland…“ in der Rödelheimer Cyriakuskirche an 300 Jahre jüdisch-deutsche Kulturgeschichte.

Der Schauspieler Roman Knižka rezitierte in der Cyriakuskirche aus Werken jüdisch-deutscher Autorinnen und Autoren. | Foto: Rolf Oeser
Der Schauspieler Roman Knižka rezitierte in der Cyriakuskirche aus Werken jüdisch-deutscher Autorinnen und Autoren. | Foto: Rolf Oeser

Dass alle 170 Karten für den literarisch-musikalischen Gedenkabend bereits im Vorverkauf ausverkauft waren, überraschte Pfarrerin Silke Schrom. Doch die dicht gedrängten Reihen in der Cyriakuskirche minderten keineswegs den Genuss. Die eindringlichen Rezitationen des Schauspielers Roman Knižka, der Gesang der Mezzosopranistin Pia Liebhäuser und die Klänge des Bläserquintetts OPUS 45 zogen die Besucher:innen sichtlich in ihren Bann.

Neben bekannten Autor:innen wie Moses Mendelssohn, Rahel Levin Varnhagen, Heinrich Heine, Ludwig Börne, Else Domitzer, Anita Lasker Wallfisch und Mascha Kalko trug Knižka auch Passagen aus zeitgenössischen Werken vor, wie etwa Max Czolleks Streitschrift „Desintegriert Euch!“ aus dem Jahr 2018. Das Buch sorgte für Aufsehen, da es die Funktionalisierung jüdischer und migrantischer Positionen kritisiert und von „Integrationstheater“ spricht.

Die Geschichte der jüdischen und christlichen Gemeinschaft in Rödelheim ist eng mit der Cyriakusgemeinde verbunden. Pfarrer Ludwig Thudichum pflegte im 19. Jahrhundert enge Beziehungen zur jüdischen Gemeinde und hielt beispielsweise 1838 die Rede zur Einweihung der Rödelheimer Synagoge. Im Kirchbuch ist auch vermerkt, dass Ludwig Börne sich 1818 in der Cyrakuskirche taufen ließ.

In den 1970er Jahren initiierten die damalige Gemeindepfarrerin und ihre beiden Kollegen die Errichtung eines Mahnmals. Die Sandstein-Stele wurde am Ort der von den Nazis zerstörten Rödelheimer Synagoge aufgestellt und enthält ein Schuldbekenntnis: „Wir ließen zu, dass aus unserer Mitte jüdische Bürger in Konzentrationslager deportiert und ermordet wurden.“

Die Gemeinde misst der Erinnerungskultur nach wie vor einen großen Stellenwert bei, betont Pfarrerin Schrom. „Es ist unsere Aufgabe, das Gedenken zu bewahren und Gespräche und Begegnungen zu ermöglichen.“ Gemeinsam mit der Vorsitzenden der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Petra Kunik, wird etwa das Laubhüttenfest Sukkot an Erntedank gefeiert oder das Lichterfest Chanukka im Advent.

Die Gedenkveranstaltung wurde von dem Kooperationsbündnis „Initiative Synagoge Rödelheim“ organisiert, dem neben der Cyriakusgemeinde auch der Förderverein der Stadtteilbibliothek Rödelheim, die Initiative Stolperstein Rödelheim und Courage gegen Rassismus Rödelheim angehören. Angesichts des Gaza-Kriegs und des wachsenden Antisemitismus plant das Bündnis für dieses Jahr in Rödelheim weitere Veranstaltungen, die sich mit der aktuellen Lebenssituation von Juden und Jüdinnen in Deutschland und Frankfurt befassen.


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Doris Stickler 77 Artikel

Doris Stickler ist freie Journalistin in Frankfurt.

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