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Gemeinschaftsgrab auf dem Friedhof Bockenheim eingerichtet

Menschen, die mit der Gemeinde Bockenheim verbunden waren, können jetzt in einem Gemeinschaftsgrab bestattet werden. Die Anlage soll eine Alternative zu anonymen Bestattungen sein. Auch die Theologin Katharina Staritz findet hier ihre letzte Ruhestätte. Sie war im Widerstand gegen den Nationalsozialismus aktiv und die erste Frau, die in Deutschland eine Planstelle als Pfarrerin innehatte.

Bildhauer Ulrich Hochmann und Kirchenvorsteherin Dore Struckmeier-Schubert beim neuen Gemeinschaftsgrab der Gemeinde Bockenheim. | Foto: Rolf Oeser
Bildhauer Ulrich Hochmann und Kirchenvorsteherin Dore Struckmeier-Schubert beim neuen Gemeinschaftsgrab der Gemeinde Bockenheim. | Foto: Rolf Oeser

Erst nach seiner anonymen Beisetzung in Offenbach erfuhr die Gemeinde Bockenheim vom Tod eines Gemeindemitglieds. Dieser Vorfall, erinnert sich Dore Struckmeier-Schubert vom Kirchenvorstand, löste so große Bestürzung aus, dass die Gemeinde beschloss, auf dem Bockenheimer Friedhof ein Gemeinschaftsgrab zu errichten.

Ziel war es, ein Urnengrabfeld zu schaffen, das an Gemeindemitglieder oder Menschen erinnert, die mit der Gemeinde verbunden waren, und den Angehörigen einen Ort für Trauer und Gedenken bietet. Ein anderer Aspekt war der Wunsch, mittellosen Verstorbenen eine würdige Beisetzung zu ermöglichen. Die Gemeinde wandte sich an das Zentrum Verkündigung der hessen-nassauischen Landeskirche, um die künstlerische Gestaltung zu klären. Markus Zink vom Referat Kunst und Kirche bat drei ihm bekannte Bildhauer um Entwürfe. Der Kirchenvorstand entschied sich schließlich für den Entwurf des Künstlers Ulrich Hochmann, unterstützt von einer Jury, zu der auch der Bauabteilungsleiter des Regionalverbands und der Sachgebietsleiter des Friedhofsamts gehörten.

Der Bildhauer, der in der Nähe von München lebt, bearbeitet in seiner Grabskulptur das Motiv der Auferstehung. „In der Welt ist nichts statisch, sondern alles wandelt sich stetig“, sagt Ulrich Hochmann. Als Grundform wählte er daher eine sich S-förmig schlängelnde Linie, die Leben und Tod fließend ineinander übergehen lässt. Aus Nagelfluh, einem im Alpenvorland weit verbreiteten Stein, in dem verschiedene Gesteinsfragmente verbunden sind, fertigte Hochmann das Fundament, eine mittig platzierte Stele, die auch als Pult dient, sowie rechteckige Quader zum Sitzen. Jeder Stein wurde von Hand bearbeitet und ist ein Unikat.

Das gilt auch für die 200 Module aus rötlichem Miltenberger Sandstein, demselben Material, aus dem auch die Bockenheimer Jakobskirche erbaut wurde. Bei einer Beisetzung wird ein Modul abgeschraubt, mit Namen, Geburts- und Sterbedatum versehen, und auf die andere Seite der Stele versetzt, die gewissermaßen als Wendepunkt fungiert. Auf der Seite mit den namentragenden Modulen krümmt sich das Ende der Schlangenlinie und bildet einen offenen und zugleich geschützten Raum. Angehörige können hier auf dem Nagelfluh-Quader sitzen und ihrer Verstorbenen gedenken.

Für Pfarrer Rüdiger Kohl verkörpert dies auch den Anspruch von Gemeinde: „Die Gemeinschaft übernimmt Verantwortung, auch die Verstorbenen bleiben Teil der Gemeinde.“ Das neue Grabmal auf dem Bockenheimer Friedhof reagiert auch auf einen Trend in der Bestattungskultur: Friedwälder, das Verstreuen der Asche auf See und anonyme Beisetzungen. Letztere seien vor allem den Kosten und dem Wunsch geschuldet, den Hinterbliebenen wenig Arbeit zu machen, erklärt der Pfarrer. Die Bestattung im Gemeinschaftsgrab reagiert auf dieses Bedürfnis: Die Gemeinde übernimmt die Grabpflege, und da die Stadt das Nutzungsrecht der Fläche kostenlos abgetreten hat, halten sich die Kosten in Grenzen. Tatsächlich ist der Zuspruch zur neuen Grabanlage groß: Schon kurz nach Fertigstellung fand die erste Beisetzung statt. Mehr als 15 lebende Personen haben sich inzwischen bei der Gemeinde gemeldet und sich in eine Liste eingetragen.

Ihre letzte Ruhestätte findet in der neuen Anlage auch die 1953 verstorbene Theologin Katharina Staritz, die mit ihrer Schwester und Mutter auf dem Bockenheimer Friedhof beerdigt wurde. Sie half im Nationalsozialismus sogenannten „Judenchristen“ bei der Auswanderung und war ein Jahr lang im Konzentrationslager Ravensbrück. Kirchenpräsident Martin Niemöller holte Katharina Staritz 1949 nach Frankfurt und ernannte sie zur Stadtvikarin, womit sie die deutschlandweit erste Planstelle für eine Theologin innehatte. Anfang 1953 verstarb sie im Alter von nur 49 Jahren an Krebs. Im Zuge der Arbeiten an der Gemeinschaftsgrabanlage wurden nun die Grabkreuze der drei Frauen restauriert und eine Infotafel über das Leben und Wirken von Katharina Staritz aufgestellt.


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Doris Stickler 77 Artikel

Doris Stickler ist freie Journalistin in Frankfurt.

1 Kommentar

27. November 2023 10:27 Helga Engler-Heidle

Leider ist das Staritz Grab – ganz am Rande der Grabanlage - nur kenntlich durch ein kleines Foto und eine kleine Azalee. Das große Holzkreuz ist nicht installiert und auch keine Stele zur Info über die erste Pfarrerin der EKHN. Das wurde in Ihrem Newsletter angekündigt. Es kann gut sein, dass auch andere heute nach dem Kreuz suchen, da ja heute am Ewigkeitssontag die Friedhofsandacht in der Trauerhalle stattfindet. Gerne werde ich mich auch in der Gemeinde erkundigen. Mich interessiert es sehr, wann das Kreuz der Familie Staritz wieder aufgestellt wird und wie das Grab in die Grabanlage integriert wird. Helga Engler-Heidle Pfarrerin i.R.

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