Die Konfirmation ist keine Abschiedsveranstaltung
Pfarrerin Tina Greitemann hat sich vor dem Familienurlaub am niedersächsischen Wattenmeer schon mal Wind um die Nase wehen lassen – dienstlich. „Es hat riesigen Spaß gemacht“, sagt die 49 Jahre alte Theologin nach ihrer Rückkehr von der Insel Wangerooge an den Dornbusch. Zusammen mit ihrem Kollegen Tim van de Griend, Pfarrer der Französisch-reformierten Gemeinde, ansässig an der Eschersheimer Landstraße, war sie mit 29 frisch Konfirmierten aus den evangelischen Gemeinden Bethlehem, Peters, Andreas, Dornbusch und Französisch-Reformierte am Nordseestrand.
Mit dem großen Fest, dem Gottesdienst, den Geschenken soll die Verbindung zur Kirche nicht enden. Konfirmation ist keine Abschiedsveranstaltung, dafür haben sich Greitemann und van de Griend im Team mit den Gemeindepädagoginnen Andrea Kämper und Eva Hagen auf Wangerooge eingesetzt, nicht zum ersten Mal. Greitemann war schon zum dritten Mal dabei.
Die Reise ist nicht nur bei Jugendlichen, die zukünftig für nachwachsende Konfirmanden und Konfirmandinnen tätig sein wollen, sondern auch für andere von Interesse. Für Heranwachsende, die Lust auf Freizeit mit anderen haben, auf Gespräche über Gott und die Welt. 375 Euro für eine Woche, alles inklusive – von Anreise und Vollverpflegung bis hin zu Snacks und die Fahrradausleihe. Noch mal nachfragen, Glaube anders erleben als im Konfi-Unterricht am Dienstagnachmittag, das bietet solch eine Freizeit.
Glaube war kein Randthema auf der Insel: morgens und abends gab es Andachten, letztere eher kürzer. Die Jugendlichen haben vieles selbstgestaltet, die Orte waren andere als gewohnt– zum Beispiel unter dem Leuchtturm kam die Gruppe zu einem geistlichen Impuls zusammen, auch am Strand wurde eine Andacht gehalten. Eine 14-Jährige aus der Dornbuschgemeinde fand die Kurzgottesdienste wunderbar, nur eine Kritik: 22.30 Uhr für eine Abendandacht, da werden die Lider schon mal schwer.
Auch im Norden zeigte sich der Sommer nicht von seiner besten Seite. Das Finale des Freizeit-Fußballturniers musste auf den nächsten Tag verlegt werden, die Andacht am Hafen ins Haus. Zu erleben, „oft kommt es anders als man denkt“, dafür sei Wetter ein guter Lehrmeister, sagt Greitemann. Und den Jugendlichen sei der Umgang damit gut gelungen.
„Viel mehr Freiheit, viel mehr Vertrauen“ habe die sechs Tage von der Konfi-Freizeit unterschieden, findet Greitemann. „Ich steh da abends nicht an der Tür“, sagt sie. Die Jugendlichen sind nicht mehr 12,13 und das erste Mal unterwegs. In kleinen Gruppen radelten sie mit elterlicher Erlaubnis über die Insel, manche in Richtung Strand, andere ließen den Badeanzug oder die Hose im Gepäck – zu kalt. Die Pfarrerin nicht, „ich liebe das Meer“, sagt sie. Auch die frisch Konfirmierte aus ihrer Gemeinde erzählt: „Das Schönste für mich war es im Meer zu baden.“ Sie fand es durchaus gut, dass in den Wellen eine kleinere Runde unterwegs war, dass bei der Nach-Konfi-Freizeit nicht alles im Großkollektiv geschehen musste.
Am Strand ließen die Jugendlichen selbst gebaute Drachen steigen, manche hätten erstmals solch ein Fluggefährt in Händen gehalten, berichtet Greitemann. Eine Reihe der Mitglieder der Französisch-reformierten Gemeinde wurzeln im frankophonen Afrika. Auch wenn die Jugendlichen hier aufgewachsen und ins Schulleben integriert sind, die Traditionen sind oft andere. Auch die religiösen. „Die haben ihre Bibeln dabei“, erzählt die Theologin. Singen sei den meisten aus der Französisch-reformierten Gemeinde vertraut, während andere Teenager zögern, die Stimme zu erheben bei den Gesangbuchliedern.
Die 14-jährige Schülerin vom Dornbusch erzählt: „Ich habe sehr viele neue Kontakte geknüpft und mit denen, die ich bereits kannte, bin ich enger zusammengekommen.“ Die zahlreichen Gruppenspiele haben es ihr angetan. Eine Altersgenossin, auch aus der Dornbuschgemeinde, sagt, „Ich hätte Lust, auf weiteren Freizeiten als Teamerin zu helfen.“ Und Gottesdienste außerhalb kirchlicher vier Wände findet sie eine gute Idee. Kirche kann Gemeinschaft bilden auf vielerlei Weise, auch am Nordseestrand. Das haben die beiden Jugendlichen mit vielen anderen erlebt.