Das Europaviertel geht neue Wege in der Ökumene
In einer Andacht zur Eröffnungsfeier des ökumenischen Zentrums „Pax & People“ erinnerte der evangelische Stadtdekan Achim Knecht an die Apostelgeschichte des Paulus, der seinerzeit angesichts der religiösen Vielfalt in Athen befand: Gott sei „nicht ferne von einem jeden unter uns.“ Unter diesem Motto möchten die beiden Kirchen im Europaviertel Menschen unterschiedlichster Herkunft und verschiedenster religiöser Zugehörigkeit an einen Tisch bringen, ohne ihnen kirchliche Strukturen aufzudrängen. Zentraler Ort im Begegnungszentrum ist eine lange Tafel in Verbindung mit einer offenen Küche. Ein Lichtraum lädt ein zu stillem Verweilen, Meditation und Gebet.
Beim anschließenden Podiumsgespräch, moderiert von Pfarrerin Katja Föhrenbach und Pastoralreferent Harald Stuntebeck, die das „Pax & People“ gemeinsam leiten, betonte die evangelische Prodekanin Ursula Schoen, das Zentrum sei „Ausdruck einer ökumenischen Haltung, wie wir sie längst leben: konfessionsübergreifend und unabhängig von religiöser Prägung“. Das Projekt sei ein „Meilenstein“ auf dem Weg zum ökumenischen Kirchentag, der im Jahr 2021 erstmals in Frankfurt stattfinden werde. Ihr katholischer Kollege Hans-Dieter Adam ergänzte, bei der Ökumene gehe es „nicht allein um das geschlossene Auftreten nach außen, sondern das Miteinander im Inneren“. Das Projekt könne wegweisend sein für viele andere, da hier wichtige Erfahrungen gemacht worden, wie die Kooperation der beiden Kirchen zu etwas Alltäglichem werden könne.
Europaviertel-Bewohnerin Xiaolin Xi findet es gut, dass die Kirchen hier mehr sein wollen als Kirchengemeinden. Die junge berufstätige Chinesin ist nicht religiös gebunden, hat sich aber trotzdem in den Prozess der Gestaltung von „Pax & People“ eingebracht. Johanna Weckenmann, die ebenfalls für die Seite der Bewohnerinnen und Bewohner an dem Podium teilnahm, sagte, es gebe zwar viele Nachbarschaftsinitiativen, aber Gemeinschaft brauche zuallererst einen gemeinsamen Ort, und der sei hier gegeben.
Das „Pax & People“ habe es sich zur Aufgabe gemacht, das Angebot den Bedürfnissen und Arbeitszeiten der Menschen, die hier wohnen oder arbeiten, anzupassen. Im regelmäßigen Programm ist zum Beispiel unter dem Titel „Stille & Espresso“ eine Einladung zu einem 15minütigen Einstieg in den Arbeitstag zu finden.
Xiaolin Xi hofft, dass „Pax & People“ Menschen aus verschiedenen Ländern, die sonst eher jeweils sehr für sich leben, verbinden kann: Ökumene als – im Wortsinn – Blick auf den „gesamten bewohnten Erdkreis“ könne doch bedeuten: Die Feste der anderen im Jahreslauf mitzufeiern und sich deren kulturelle und religiöse Hintergründe zu erschließen.
Auf die Frage, wie wichtig denn der eigene christliche Glaube als Bezugspunkt im Miteinander der Religionen sei, sagte Prodekanin Schoen, dass neue Horizonte öffnen, Dialog und Gemeinschaft stiften, Begegnung und Versöhnung zu fördern auch ein Ausdruck des Bemühens sei, „das Reich Gottes anderen näherzubringen“ – und zwar nicht machtvoll im Eigeninteresse der Kirche, sondern „im Respekt dafür, dass Gott sich jedem Menschen auf seine Weise öffnet“.
Eine ganz besondere Herausforderung besteht zukünftig darin, das neue Europaviertel und den traditionellen Gallus zu einem guten Miteinander einzuladen. Hans Dieter Adam sieht hier nicht geringe Probleme. Die Struktur sei in beiden Stadtvierteln zwar im Hinblick auf die Internationalität ähnlich sei, in Bezug auf die wirtschaftliche Situation jedoch sehr unterschiedlich: Das Europaviertel ist deutlich reicher als der Gallus. Er sieht es daher auch als eine Aufgabe von „Pax & People“ gemeinsam mit den Kirchengemeinden vor Ort sich dieser Thematik anzunehmen.
Das Angebot von Pax & People ist zu finden unter: www.paxandpeople.de.