„Biazza“: Guter Kaffee und eine Runde Schach im Nordwestzentrum
Georg Zemevka setzt den weißen Bauern. Dann denkt er nach, den Kopf auf die Hände gestützt. Der 74-Jährige ist leidenschaftlicher Schachspieler. Manchmal zieht er mit Turm, Pferd und König gegen Gegnerinnen und Gegner auf der ganzen Welt übers Karofeld - am Computer der Stadtbücherei Nordweststadt.
Neuerdings sitzen seine Kontrahenten aber nicht mehr nur in Costa Rica oder Russland. Sondern auch im Begegnungszentrum „Biazza-Nordwest“ des Diakonischen Werks – und sie sind aus Fleisch und Blut. Zweimal in der Woche sitzt Zemevka in dem gemütlichen Erdgeschossraum am Rande des Nordwestzentrums und bietet sich als Sparringspartner an. Oder als Schach-Lehrer. Oder als Gesprächspartner. „Es kommen viele, die ganz lange nicht mehr gespielt haben“, sagt er. Georg Zemevka wurde in der Ukraine geboren, der Sohn lebt in Berlin. Manchmal fühlt er sich einsam. „Ich finde es gut, dass es so etwas gibt, da fällt mir zu Hause nicht so die Decke auf den Kopf.“
Für Menschen wie ihn gibt es das „Biazza“ am Nidaforum 5. Man muss nicht Schach spielen hier, kann auch einfach sitzen und die heimelige Atmosphäre genießen, auf der weichen Couch Platz nehmen, im Schein des gelblich weißen, indirekten Lichts einer Stehlampe aus Papier. Geöffnet ist jeden Vormittag unter der Woche, montags bis freitags von 9 bis 13 Uhr.
Der Weg nach Hause mit vollbepackten Einkaufstaschen, die frisch gewaschene Wäsche aufhängen, der Weg zum Arzt – viele Dinge sind im Alter mühsam. Die Treffen mit Freundinnen oder der Besuch im Lieblingscafé werden seltener. Was früher mit Leichtigkeit ging, fällt schwer. Das „Biazza“ möchte Menschen dabei unterstützen, eigene Gewohnheiten und Aktivitäten so lange wie möglich wahrzunehmen.
Seit Januar ist die Tür gleich hinter der blauen Brücke zum Hammarskjöldring geöffnet. „Es spricht sich langsam rum, dass es uns gibt“, sagt Projektkoordinatorin Sandra Erb. „Da ist schon viel Gesprächsbedarf, und viele ältere Menschen können sich einen Kaffee im Einkaufszentrum nicht mehr leisten.“ Das Kernstück ihrer Arbeit sei der offene Treff am Vormittag. Aber auch Kulturabende sind geplant. Sandra Erb und ihr Team möchten individuelle Unterstützungsangebote machen, vom Einkaufservice über Mobilitätshilfen bis zu Angeboten für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen ist vieles dabei.
Die Stadt Frankfurt beteiligt sich aus dem Etat des Oberbürgermeisters an den Gesamtkosten in Höhe von rund 180.000 Euro mit einem Budget von 30.000 Euro. Die Deutsche Fernsehlotterie fördert mit rund 110.000 Euro die Stelle der Projektkoordinatorin. Auch die Stiftung „DiaDem“ ist aktiv – und unterstützt das Projekt mit 30.000 Euro. Über Menschen, die sich im Biazza ehrenamtlich engagieren wollen, freut sich das Team jederzeit.
Kurz vor eins an diesem Sommermittag stellt Sandra Erb die Stühle wieder an den Tisch. Noch einmal geht die Tür auf, eine Frau schaut herein: „Ich will gar nicht lang bleiben, nur mal kurz Hallo sagen.“ Das Biazza ist ganz offensichtlich im Stadtteil angekommen.
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