Ein Jahr Konsumverzicht: Was am Ende bleibt
Hochs und Tiefs haben mich im scheidenden Jahr begleitet – und die Erkenntnis, dass ich ein Konsumproblem habe. Zum Glück beschränkt sich das Problem auf das Kaufen von Kleidung. Es hätte auch schlimmer sein können. Autos zum Beispiel. Welch verheerende CO2-Bilanz.
Aber, Spaß bei Seite (wer hat schon ein Auto-Konsum-Problem): Bei genauerer Analyse ist Konsum eine Art Ersatz, wie ich gemerkt habe. Wofür, das ist höchst individuell. An der Hauptwache quatsche ich zwei Frauen an. Sie haben mehrere Tüten bei sich. Samantha und Michelle leben in Frankfurt. Ich frage die beiden, wie es für die sie wäre, längere Zeit ohne Konsum zu leben. Ich erzähle von meinem Projekt und wir schwer es mir fiel, keine Klamotten zu kaufen. Dass ich rückfällig wurde und dass das Kaufen von Dingen Glücksgefühle bei mir auslöst.
Die Endzwanzigerinnen haben darüber bisher wenig nachgedacht. Shoppen gehört halt irgendwie dazu, sagen sie. Wir kommen ins Plaudern und stellen uns die Zeil ohne Geschäfte vor. Wie es wäre, wenn es hier Spielplätze gäbe und Urban Gardening. Und viele gemütliche Sitzgelegenheiten. Dann fragen wir uns, ob es ohne Shopping langweilig wäre und was wir mit der Zeit anfangen würden, die wir irgendwie ja einsparen würden.
Schließlich fällt es uns wie Schuppen von den Augen: Zeit. Wir alle wünschen uns mehr Zeit, für uns, für die Familie, für unsere Freunde und Freundinnen, für Dinge, die nicht unsere Erwerbsarbeit sind.
Und am Ende haut Samantha einen Spruch raus: „Zeit statt Zeug!“ Wir sind begeistert und vergleichen den Inhalt unserer Tüten: Es sind Lebensmittel drin! Wir lachen und verabschieden uns.
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