Klimaschutz ist ein großes Thema. Aber wie protestiert man richtig?
„Wenn Ihr Eure Hausaufgaben macht, machen wir unsere!“ – so ein Banner der Demonstrant*innen in Frankfurt. Denn welchen Wert hat Bildung, wenn sie nicht einer besseren Zukunft dient? Diese Frage hat eine doppelte Stoßrichtung: Sie weist auf die Unglaubwürdigkeit einer Politik hin, welche die eindeutigen Ergebnisse der Klimaforschung nicht zum Anlass nimmt, eindeutige Entscheidungen zu treffen, und sie stellt den Wert von Schulbildung für eine Zukunft in Frage, der infolge der Klimakrise die Existenzgrundlage entzogen sein könnte.
„Ich möchte, dass meine Kinder die Sonne sehen“, sagt eine junge Aktivistin. Denn das sei ja heute schon in manchen Städten nicht mehr möglich. „Die Politiker und Erwachsenen sollen endlich Ernst machen. Denn wir müssen ja später deren Renten bezahlen.“
Die Zugrichtung ist eindeutig: Macht nicht unsere Zukunft kaputt, denn wir sind für eure Zukunft nicht ganz unerheblich. Gemeinsame Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung wird hier angemahnt. „Friss Tofu, du Würstchen“ oder „Bald erSaUVen wir“ – Claims wie diese machen auf die übermäßige Belastung der Umwelt durch unsere Konsumgewohnheiten aufmerksam.
In Frankfurt schlängelt sich die von der Polizei eskortierte Demonstration mit circa 300 jungen Leuten vom Uni-Campus Westend aus über die Bockenheimer Landstraße und andere Hauptverkehrsadern durch die Innenstadt, vorbei an der Alten Oper und quer durch das Bankenviertel. Ein kleiner Abstecher zur Bettinaschule gehört mit zur Route, dort findet auf dem Pausenhof eine Kundgebung statt, bei der die Schülerinnen und Schüler, die dem Unterricht folgen, Fensterplätze haben.
Die Schulleitung begrüßt das Engagement, muss den Streikenden jedoch die Fehlstunden als unentschuldigtes Fernbleiben vom Unterricht anrechnen: Die gesetzliche Schulpflicht verbietet die Teilnahme. Die Richtlinien sind eindeutig, offizielle Statements vonseiten der Schulämter, von der Schulleitung oder einzelnen LehrerInnen sind entsprechend rar.
Doch Not macht erfinderisch. Da gibt es im Demonstrationszug eine Kunstlehrerin, die Dokumentarfotografie zum Unterrichtsthema erhoben hat und die Freitags-Demonstration als Übungsfeld anbietet. Oder eine Grundschullehrerin, die im Rahmen eines Schulprojektes zum Umweltschutz mit ihren Viertklässlern bei der Demonstration mitläuft. In der Oberstufe beschäftigen sich Schülerinnen im Rahmen des Powi-Unterrichts mit Feldforschung – etwa für einen Vergleich verschiedener Protestformen.
Jan Schäfer, Direktor des kirchlichen Schulamt in Offenbach meint, die Bewegung sei mittlerweile so stark, dass auch Demonstrationen außerhalb der Schulzeit dem Anliegen gerecht werden. Dass die Schülerinnen und Schüler Fragen der Schöpfungs- und Verteilungsgerechtigkeit in den Blick nehmen und Verantwortung einklagen, findet er großartig. Auch die Kirche müsse das vermehrt tun und sich für den Klimaschutz stark machen.
Eine Demonstration sei jedoch nur eine von vielen Möglichkeiten, für einen Bewusstseinswandel zu kämpfen. Die Jugendlichen könnten etwa auch reflektieren, wie häufig sie Fahrdienste der Eltern in Anspruch nehmen, oder sich auf lokaler Ebene für die Nutzung alternativer Mobilitätskonzepte stark machen wie den sinnvollen Ausbau von Fahrradwegen.
Die drohende Verfehlung der Klimaziele durch die Politik erfordere eine vielfältige Aktivität von allen und die Bereitschaft, radikal umzudenken.
Kommentare zum Thema aus der Redaktion:
Angela Wolf: Kein Planet B
Kurt-Helmuth Eimuth: Klimaschutz braucht Bildung
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