Ist es okay, nur so zum Spaß Sex zu haben?
Für Beziehungsstress ist in einem herausfordernden Berufsleben oft kein Raum, aber kein Sex ist auch keine Lösung. Portale wie Tinder helfen dem Zufall auf die Sprünge – maximaler Spaß bei minimaler Belastung. Zumindest auf den ersten Blick ist das fair: Beide wollen nur das Eine, ohne Folgen, ohne Verpflichtungen, ein Win-win. Schnell und effektiv zum Abschluss kommen: Was soll daran verkehrt sein?
Ich wünsche natürlich, dass die Rechnung aufgeht, kann mir aber auch Haken und Ösen vorstellen. Schon aus der Erfahrung, dass es leckeres Eis nicht ohne Kalorien gibt. Je mehr Blöße man zeigt, umso größer muss das Vertrauen sein. Das wächst aber in der Regel nicht so schnell, wie es beim Dating abrufbar sein muss.
Als Adam und Eva nach dem „Sündenfall” Scham empfinden, haben sie erkannt, wie verletzbar sie sind. Man kann auf Erfolg getrimmten Profilen und unlauteren Absichten auf den Leim gehen. Ein weiteres Risiko ist, der Illusion zu erliegen, Gefühle ganz auf die erogenen Zonen begrenzen zu können. Körperliche Liebe stimuliert aber oft ganzheitlich und will mehr. Jesus warnt in der Bergpredigt vor einem bloßen Begehren, das den anderen oder die andere nicht als Subjekt sieht, sondern als Mittel zum Zweck. Nicht jede Flamme ist so schnell gelöscht, wie sie entfacht wurde.
Auch die Ideologie der Dating-Portale muss hinterfragt werden. Sich durchs Leben „wischen” zu wollen, die Attraktiven nach rechts und die anderen nach links, wirkt schon ein wenig pubertär. Jenseits primärer Reize verspricht ein längeres Kennenlernen eben auch das Erlebnis einer Schönheit, die nicht schon auf den ersten Blick offensichtlich ist.
Vielleicht wäre es ja eine Idee, gemeinsam zu überlegen, welche Vertragsbedingungen für das Tête-à-Tête erfüllt werden müssen, damit es zu dem wird, was es sein soll. Dabei könnte herauskommen, dass sich der Aufwand nur lohnt, wenn man statt nur einer Nacht einen gewissen Lebensabschnitt miteinander teilt.
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