Hier sind auch Tiere im Gottesdienst willkommen
„Uwe, mach doch mal was für Tiere.“ Mit ihrem Appell rannte Heike Besuch vor zehn Jahren beim Prädikanten der Wartburggemeinde in Frankfurt-Bornheim offene Türen ein. Daran erinnerte Uwe Döhn beim zehnjährigen Andachtsjubiläum. Zugleich wies er aber auch auf ein biblisches Manko hin: Den Tieren werde in der Schrift kaum Aufmerksamkeit zuteil. Dabei habe Gott doch Noah ausdrücklich beauftragt, neben seiner Familie auch zwei Tiere von jeder Art zu retten.
Das Gebell, das diese Worte bei der Jubiläumsandacht begleitete, dürfte man wohl getrost als Zustimmung interpretieren können. Mit kräftigen Lauten wurde auch Heike Besuch unterstützt, als sie mit Blick auf das Artensterben und den „traurigen Zustand der Natur“ den Stellenwert des in Frankfurt noch immer einzigartigen Angebots betonte. „Weil überall auf der Welt Tiere ausgerottet werden, ist es wichtig, sich Gedanken zu machen und die Tiere mehr zu würdigen.“
Dieser Ansicht ist auch Pfarrer Thomas Diemer, der zwar eine „latente Hundeangst“ eingestand. „Ich wechsle immer die Straßenseite, wenn mir ein Hund entgegenkommt.“ Die überwiegend von zotteligen Gesellen besuchte Andacht – ein Papagei, eine Schneckenkolonie in der Kiste und eine Katze waren aber auch schon zugegen – schätzt er dennoch sehr. „Die Andacht hat in der Gemeinde viel angestoßen und das Bewusstsein für Tier, Natur und Umwelt geschärft“.
Mittlerweile ist die denkmalgeschützte Wartburgkirche in der Tat von einem kleinen Biotop umgeben. Zogen bereits ein halbes Jahr nach der ersten Mensch-Tier-Andacht 250.000 Bienen in den Kirchturm ein, sind in dessen obersten Etagen nun auch Fledermäuse zu Hause. Außerdem wurde auf dem Außengelände ein mit Vogelhäuschen, Insektenhotel sowie Unterschlüpfen für Igel und Eichhörnchen bestückter Stadtgarten angelegt.
Dank des gemeindlichen Projekts „Arche Wartburg“ hört Thomas Diemer im Pfarrhaus jetzt ständig Vögel zwitschern und hat manchmal das Gefühl, er wohne mitten im Wald. Das „Zusammenleben von Menschen, Tieren und Pflanzen, die Versöhnung von Stadt und Natur, von Mensch und Natur“ bringt er natürlich „in irgendeiner Form in jedem Gottesdienst“ zur Sprache.
Theologische Betrachtungen stellt Uwe Döhn auch in den Mensch-Tier-Andachten an, die er stets einem Schwerpunktthema widmet. Als Prädikant und promovierter Philosoph mit Bibel wie großen Denkern gleichermaßen vertraut, verweist er hier schon mal auf Plato, der Hunden „die Seele eines Philosophen“ bescheinigte oder auf Franz von Assisi, der von Hunden mehr als von Menschen hielt, denn: „Der Hund ist noch im Sturme treu, der Mensch nicht mal im Winde.“
Untragbare Zustände wie Massentierhaltung, Tierversuche oder den übermäßigen Fleischkonsum nimmt Uwe Döhn ebenfalls ins Visier. Seine Frau Gabi, die von Anfang an die einmal im Jahr gefeierten Andachten mitorganisiert, lebt mittlerweile vegan. Er selbst habe den Verzehr von Fleisch erheblich eingeschränkt und achte auf artgerechte Haltung. Zur Freude des pensionierten Lehrers haben „die Andachten bei vielen Leuten Denkprozesse angeregt“.
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